Dicke Rauchwolken verdunkeln den Himmel, das Atmen fällt schwer: Julian-Michel Schmidt, der seit vier Jahren in Los Angeles lebt, spürt die verheerenden Brände dort hautnah. Jetzt will er helfen.

Ludwigsburg: Frank Ruppert (rup)

Julian-Michel Schmidt lebt seit vier Jahren in den USA, aufgewachsen ist er aber in Bönnigheim. Kürzlich hat er gemeinsam mit einem Partner ein Café in Venice Beach in Los Angeles eröffnet. Derzeit ist es aber wegen der nahen Brände geschlossen. „Die Luftqualität ist einfach zu schlecht“, erklärt Schmidt. In seiner Wohnung in Venice Beach ist er etwa 1,5 Kilometer von der Evakuierungsgrenze entfernt, also jenem Bereich der potenziell vom Feuer betroffen sein kann.

 

Die aktuelle Situation sei surreal, weil im sonst so sonnigen Venice die Sonne kaum einmal hinter den dicken Rauchwolken hervorblicke und der sonst bei Touristen und Einheimischen beliebte Strand verwaist ist.

„Sobald man das Haus verlässt, tun die Augen weh, das Atmen fällt schwer und alles riecht einfach nur nach Rauch“, beschreibt der 36-Jährige die Situation. Selbst für Menschen, die in der Gegend aufgewachsen sind, hätten die aktuelle Brände eine beängstigende Dimension. „So weit kam das Feuer noch nie. Schon jetzt ist es der größte Brand in der Geschichte Los Angeles´“, sagt Schmidt. Sehr viel sei bereits zerstört und er könne es kaum fassen, wie viele seiner persönlich liebsten Ausflugsziele und Shopping-Destinationen einfach nicht mehr da seien.

Los Angeles: Ohne Maske nicht aus dem Haus

Die Brände haben in Pacific Palisades viele Häuser und Grundstücke zerstört. Foto: Julian-Michel Schmidt

Was nicht genug betont werde, findet Schmidt, sind die starken Winde, die die Feuer in den vergangenen Tagen weiter anfachten und auch in Venice dazu führten, dass Palmenäste herabfielen. Selbst Lastwagen sollen durch die Winde umgeschmissen worden sein.

Ohne Maske verlasse er das Haus nicht mehr. Die meisten Läden hätten auch in Venice Beach derzeit geschlossen. Die Menschen seien von den Behörden angewiesen worden, drinnen zu bleiben und Wasser zu sparen. Gleichzeitig solle man sich auf eine Evakuierung vorbereiten und Vorrat für drei Tage daheim lagern und alle wichtigen Karten und Geräte griffbereit haben.

Große Hilfsbereitschaft in Los Angeles

Einige seiner Freunde hätten die Stadt vorsorglich verlassen. Die schlechte Luft trieb sie weiter südlich die Küste entlang oder zu Freunden im Landesinneren. „Die Hilfsbereitschaft ist groß und viele bieten Schlafmöglichkeiten über soziale Medien an, selbst wenn sie nur ein kleines Apartment haben“, sagt der Exil-Bönnigheimer. Er selbst würde auch gerne helfen: „Da mein Café geschlossen ist, habe ich jetzt viel Zeit.“ Aber wie? Die möglichen Ansprechpartner seien alle beschäftigt und auf eigene Faust solle man eher nicht zu nahe an die Gefahrenzone. „Auf Bitten eines Freundes bin ich vor ein paar Tagen mit ihm in Richtung der Feuer gefahren. Dort auszusteigen war ein beängstigendes Gefühl. Wir sind dann auch schnell wieder weg“, sagt Schmidt.

 

Schmidt lässt sich als Helfer ausbilden

Grundsätzlich sollten nur solche Menschen helfen, die eine entsprechende Ausbildung haben, teilten die Behörden mit. Schmidt will sich nun beim Roten Kreuz melden, weil dieses einen Crash-Kurs für Helfer vor Ort anbiete.

Auch wenn die Feuer nah sind und noch nicht unter Kontrolle gebracht werden konnten, ist der Bönnigheimer alles andere als panisch. „Ich wohne in einer sehr urbanen Gegend, zwischen meiner Wohnung und der Evakuierungsgrenze gibt es praktisch nur Häuser, also hoffe ich, dass ich gar nicht erst weg muss und die Brände vorher unter Kontrolle gebracht werden können“, sagt der 36-Jährige.