Im Auftrag der Bundesregierung entsendet das THW Einsatzkräfte in den Libanon. Im völlig zerstörten Beirut sollen sie Verschüttete finden und Gebäude sichern.

Bonn - Hilfe aus Deutschland für die Opfer der verheerenden Explosion in Beirut rollt an. Das Technische Hilfswerk (THW) entsandte erste Kräfte: Im Auftrag der Bundesregierung brachen ein Team der Schnell-Einsatz-Einheit Bergung Ausland (SEEBA) sowie ein Botschaftsunterstützungsteam am Mittwochabend in den Libanon auf, wie die Organisation am Donnerstag mittelte. «Vor Ort werden unsere Einsatzkräfte unter anderem die Lage erkunden und beurteilen, Verschüttete lokalisieren und retten, Gebäudeschäden beurteilen und die Botschaft unterstützen», sagte THW-Vizepräsidentin Sabine Lackner.

 

Nach offiziellen Angaben kamen am Dienstag in Beirut mindestens 135 Menschen ums Leben, etwa 5000 weitere wurden verletzt. Unter den Trümmern werden weitere Vermisste vermutet. Geschätzt wird, dass bis zu 250 000 Einwohner ihre Wohnungen verloren haben.

Deutschland bietet Bundeswehr-Hilfe

Deutschland bietet dem Libanon auch einen größer angelegten Hilfseinsatz der Bundeswehr an. Dazu wurde nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur auch der für den Transport Schwerverletzter ausgerüstete Luftwaffen-Airbus A310 «MedEvac» bereitgestellt.

Geprüft wurde am Donnerstag, ob das Luftlanderettungszentrum der Bundeswehr - eine mobile Sanitätseinrichtung - aufgebaut werden kann. Ein Erkundungsteam des Sanitätswesens der Bundeswehr soll die Lage in Beirut kurzfristig vor Ort prüfen und eingeflogen werden.

Geplant ist auch, die Korvette «Ludwigshafen am Rhein» aus dem laufenden Einsatz der UN-Libanon-Truppe (Unifil) von Zypern aus nach Beirut zu verlegen. Geprüft wird aber noch, ob dies von libanesischer Seite gewünscht ist.

Die genaue Ursache der Detonation ist noch unklar. Sie steht nach unterschiedlichen Berichten in Verbindung mit großen Mengen Ammoniumnitrat, die jahrelang im Hafen ohne Sicherheitsvorkehrungen gelagert worden sein sollen. Kritiker prangern Fahrlässigkeit an und sehen auch ein Versagen der politischen Führung des Landes. Die Chemikalie wird vor allem als Düngemittel verwendet. Sie führte schon mehrmals zu tödlichen Explosionen und wurde auch bei Anschlägen eingesetzt.

Beiruts Hafen ist praktisch komplett zerstört

Die heftige Detonation am Dienstag zerstörte große Teile des Hafens, der für die Versorgung des Landes zentral ist, aber auch für den Transport von Hilfsgütern nach Syrien. Die Katastrophe löste eine Welle der Hilfsbereitschaft aus - so schickten mehrere Länder Rettungsmannschaften mit Spürhunden und Experten für die Bergung von Verschütteten.

Vor Ort geht die Suche nach der Ursache der Detonation weiter. Eine Untersuchungskommission der Regierung soll dem Kabinett innerhalb von fünf Tagen einen ersten Bericht vorlegen. Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron will an diesem Donnerstag bei einem kurzfristig angesetzten Besuch in Beirut mit führenden Politikern des Landes zusammenkommen. Unter ihnen sind laut Medien Staatspräsident Michel Aoun und Regierungschef Hassan Diab.

Der Libanon leidet seit Monaten ohnehin schon an einer schweren Wirtschaftskrise, die große Teile der Bevölkerung in die Armut getrieben hat. Präsident Aoun bat deshalb die internationale Gemeinschaft um schnelle Hilfe für sein Land.

Die großen Schäden am Beiruter Hafen könnten sich nach UN-Angaben auch auf die Lage vieler Menschen im benachbarten Bürgerkriegsland Syrien auswirken. Der Hafen werde zum Umschlag von humanitären Hilfsgütern für das Bürgerkriegsgebiet genutzt, sagte ein Sprecher am Mittwoch in New York. «Dies wird unsere Fähigkeit zur Unterstützung in Syrien beeinträchtigen.»

Macron, der bisher in Südfrankreich Ferien macht, hatte bereits unmittelbar nach der Katastrophe im Hafen von Beirut Unterstützung zugesagt. In Frankreich, das als frühere Mandatsmacht immer noch eng mit dem Libanon verbunden ist, löste die Katastrophe Trauer und Entsetzen aus. Macron will nun nach eigenen Angaben eine «Botschaft der Brüderlichkeit und der Solidarität der Franzosen» überbringen.