Die Vorsitzende gewinnt das Mitgliedervotum nur sehr knapp. Deswegen kandidiert sie nicht mehr.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Die SPD im Südwesten muss sich eine neue Führung suchen: Obwohl Landeschefin Leni Breymaier den Mitgliederentscheid über die Landesspitze mit einem Vorsprung von 39 Stimmen gewonnen hat, verkündete sie ihren Rückzug von den Parteiämtern. Den Entschluss hatte Breymaier bereits gefasst, nachdem die erste von zwei Auszählungen am Montagabend eine hauchdünne Differenz von 21 Stimmen zugunsten ihres Herausforderers Lars Castellucci ergeben hatte. Am Ende entfielen von den 18 936 gültigen Stimmen 9176 (48,46 Prozent) auf Breymaier und 9137 (48,25) auf Castellucci.

 

Eine ziemlich lange SMS an Andrea Nahles

„Das Ergebnis ist schwierig“, sagte sie schon Stunden zuvor. „Es sieht zur Zeit so aus, dass weder Castellucci noch ich 50 Prozent der Mitglieder erreichen.“ Grund sind die 623 Enthaltungen (3,29 Prozent). Sie habe sich mehr Klarheit erhofft. Nun „haben wir halbe halbe“. Dies sei ihr zu wenig, um die Landespartei zu führen und zu einen. Ihre Schlussfolgerung: „Die Partei ist ziemlich zerrissen und das mittendurch.“ Dies verlange Konsequenzen. „Mir geht es nicht um mich, sondern um die Zukunft meiner SPD, die mir am Herzen liegt.“ Deswegen habe sie der Parteichefin Andrea Nahles noch in der Nacht eine „ziemlich lange sms“ geschrieben und angekündigt, dass sie am Samstag beim Landesparteitag in Sindelfingen nicht mehr für den Vorsitz kandidieren werde. Dem Parteipräsidium und dem Bundesvorstand wolle sie dann auch nicht mehr angehören.

Auch ihren Herausforderer nahm Breymaier in die Pflicht: Sie habe den bisherigen stellvertretenden Vorsitzenden am Mittag aufgefordert, „dass wir gemeinsam dem Parteitag einen dritten Kandidaten vorschlagen – eine Persönlichkeit, die in der Lage ist, die SPD in Baden-Württemberg zusammenzuführen“. Jetzt sei keine Zeit für Egoismen. „Wir haben gemeinsam Verantwortung für die SPD – alle, die kandidiert haben.“ Wenn er das für sich anders bewerte, sei es seine Entscheidung. Aber „wenn Lars Castellucci und ich gemeinsam einen Vorschlag machen, wäre das ein Zeichen in die Partei hinein.“ Wer der Kompromisskandidat sein könnte, darüber wollte sie nicht spekulieren.

Frank Mentrup wagt sich vor

Da lief die Suche hinter den Kulissen schon auf Hochtouren. Nur Karlsruhes Oberbürgermeister Frank Mentrup wagte sich zunächst hervor und nannte Fraktionschef Andreas Stoch als gute Alternative. „Da wir jetzt in die intensive Vorbereitung eines Landtagswahlkampfes einsteigen müssen, hätte das auch eine vorfestlegende Wirkung, die in der Ausrichtung auf diese Wahl durchaus Sinn machen kann.“

Angesichts der sich überstürzenden Ereignisse geriet es fast zur Randnotiz, dass Breymaier auf Nachfrage erwähnte, dass ihre umstrittene Generalsekretärin ebenso aufhört: „Ich weiß, dass Luisa Boos nicht mehr als Generalsekretärin antreten wird.“ Damit dürfte Fraktionsvize Sascha Binder, der Boos ablösen will, freie Bahn haben.

– Abgang mit Würde – und Gift