Bisher sind alle Versuche, eine Antibabypille für den Mann zu entwickeln, gescheitert. Jetzt haben US-Forscher einen Wirkstoff getestet, der die Spermienproduktion wirksam stoppt.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Seattle/Stuttgart - Empfängnisverhütung ist in der Regel Sache der Frauen. Wenn sie auf Nummer sicher gehen wollen, müssen sie die Antibabypille nehmen – und mit möglichen Wechselwirkungen und etwaigen Nebenwirkungen leben. Bis auf das Kondom gibt es keine zuverlässige und einfache Verhütungsmethode für den Mann – eine Sterilisation (auch Vasektomie genannt) ist für die meisten ein zu drastischer Schritt.

 

Doch das könnte sich vielleicht schon bald ändern. Wissenschaftler der University of Washington in Seattle haben einen Wirkstoff entwickelt, der die Pille für den Mann in greifbare Nähe rücken lässt. Die Studie ist auf dem Endocrine Society’s 100th Annual Meeting & Expo in Chicago vorgestellt worden.

Wirkstoff hat kaum Nebenwirkungen

Der Wirkstoff Dimethandrolon-Undencanoat (DMAU), den die Forscher an 100 männlichen Teilnehmern einer Studie getestet haben, besteht aus synthetisch hergestellten Hormonen. DMAU verbindet die Wirkung eines Androgens (Sexualhormone wie Testosteron, die eine virilisierende Wirkung haben, also die Ausbildung männlicher Geschlechtsmerkmale wie Bartwuchs oder tiefere Stimme bewirken) mit einem Gestagen. Diese Substanzen dienen der Entstehung und Erhaltung einer Schwangerschaft.

Die Ergebnisse zeigen, dass durch die tägliche Einnahme einer Kapsel mit DMAU die körpereigene Testosteron-Produktion in den Hoden massiv abnimmt und dadurch die Produktion von Spermien unterdrückt wird. Auch die Konzentration von zwei weiteren, für die Spermien notwendigen Hormonen wird lahmgelegt.

Abgesehen von einer leichten Veränderung der Cholesterinwerte und einer geringen Gewichtszunahme sowie Pickeln bei einigen Probanden gab es keine kritischen Nebenwirkungen.

Forscher: Vielversprechende Ergebnisse

Der niedrige Hormon-Spiegel könnte eine wirksame Art der Verhütung bei Männern sein, erklärte die Leiterin der Studie, die Medizinerin und Endokrinologin Stephanie Page. Zwar wird schon seit Jahrzehnten an der Pille für den Mann gearbeitet, doch alle Versuche einer hormonellen Empfängnisverhütung für Männer waren gescheitert.

„Für eine Pille für den Mann sind das beispiellos vielversprechende Ergebnisse“, sagte Stephanie Page. DMAU sei ein „großer Schritt voran in der Entwicklung einer einmal täglich anzuwendenden Pille für den Mann“. Kein anderer Wirkstoff habe bisher in Tests so gut abgeschnitten.

Die US-Forscher gehen nun einen Schritt weiter und testen DMAU in einer Langzeitstudie, um den Wirkstoff für die Herstellung ein sicheren Medikament einstufen zu können.