Die Fraktionen im Landtag fordern vom Bund mehr Geld für Straßen, Schienen und Wasserwege. Zugleich machen sich die Vertreter von Landesregierung und Opposition gegenseitig für Defizite in Sachen Verkehrsinfrastruktur verantwortlich.

Stuttgart - Auf der Sonderkonferenz der Landesverkehrsminister, die vorige Woche Mittwoch in Berlin stattgefunden hatte, waren sich alle Teilnehmer einig gewesen: Der Bund müsse mehr Geld in die Verkehrsinfrastruktur investieren. Auch unter den vier Fraktionen im baden-württembergischen Landtag herrschte am Donnerstag in diesem Punkt Konsens.

 

„Sieben Milliarden Euro fehlen jährlich“, sagte Andreas Schwarz (Grüne). Vor allem für den Erhalt und die Sanierung sei bundesweit zu wenig Geld bereitgestellt worden. „Der Bund darf sich nicht mehr vor der Verantwortung drücken, angemessene Finanzmittel für den Verkehrsbereich zur Verfügung zu stellen“, forderte Schwarz.

Die Fraktionen üben gegenseitige Kritik

Zugleich machen die Grünen auch CDU und FDP für Defizite bei Straßen, Schienen und Wasserwegen im Land verantwortlich. „Die Verkehrsinfrastruktur ist seit Jahren unterfinanziert. Aber es hat sich ja nichts getan“, sagte Schwarz.

Diesem Vorwurf entgegnete Nicole Razavi von der CDU: „Ihre Bilanz der vergangenen zweieinhalb Jahren ist der beste Beweis, wie wenig ihnen Infrastruktur in Wirklichkeit wert ist.“ Weder beim Straßenbau, noch beim Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs sowie des Schienenpersonennahverkehrs sei Grün-Rot einen Schritt weitergekommen – und das trotz Steuermehreinnahmen. Zudem reiche es nicht, nur den Bund bei der Finanzierung in die Verantwortung zu nehmen. „Die Hausaufgaben liegen auch bei unserer Landesregierung. Sie muss klare, eigene Konzepte aufweisen“, so die Christdemokratin Razavi.

Unter den Landesverkehrsministern herrscht Einigkeit

Ende September hatte die grün-rote Koalition im Rahmen des Bundesverkehrswegeplans 2015 eine Anmeldeliste nach Berlin übermittelt. Das Papier umfasst 158 Verkehrsprojekte mit einem Gesamtvolumen von 11,2 Milliarden Euro. In diesem Zusammenhang merkte Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) an, dass der Bund deutlich mehr finanzielle Mittel für die Verkehrsinfrastruktur zur Verfügung stellen müsse. Im Durchschnitt der vergangenen Jahre habe Berlin nur eine Summe von 230 Millionen Euro beigesteuert. Um die Finanzierungslücken schließen zu können, haben sich Hermann und seine Kollegen aus Bund und Ländern nun bei ihrem Treffen auf einen Stufenplan verständigt. Dieser sieht vor, die Lastwagenmaut in Deutschland auszuweiten. Die Gebühr, die bisher nur für Lastwagen von zwölf Tonnen und mehr sowie für Autobahnen gilt, soll demnach auch für Lastwagen ab 7,5 Tonnen sowie auf allen rund 40 000 Kilometern Bundesstraßen gelten. So sollen jährlich 2,3 Milliarden Euro erzielt werden, die in die Sanierung der Verkehrswege fließen sollen.

Außerdem haben die Verkehrsminister der Länder beschlossen, mehr Geld in den Erhalt und die Sanierung anstatt in den Neu- und Ausbau von Verkehrsprojekten zu investieren. „Das ist ein echter Fortschritt“, sagte Verkehrsminister Hermann über diesen „Paradigmenwechsel“. Nun liege es an der künftigen Bundesregierung, die Beschlüsse, welche die Landesverkehrsminister in Berlin beschlossen haben, auch umzusetzen. Hermann habe diese Forderung Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) für die schwarz-grünen Sondierungsgespräche mit auf den Weg gegeben.