Die Signale aus Berlin zur Lkw-Maut sind unklar – doch in der Region Stuttgart dürften nur wenige Abschnitte kostenpflichtig werden.    

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Zumindest eines ist relativ sicher: noch in diesem Jahr werden Lastwagenfahrer auch auf manchen Bundesstraßen zur Kasse gebeten - im Sommer oder spätestens im Herbst soll eine Maut eingeführt werden. Der Preis entspricht der Gebühr auf Autobahnen; je nach Schadstoffklasse und Achsenzahl des Lkws müssen zwischen 14,1 und 28,8 Cent pro Kilometer bezahlt werden. Das hat der Bundestag vor wenigen Tagen beschlossen.

 

Doch welche Bundesstraßen tatsächlich gebührenpflichtig werden sollen, darüber herrscht großes Rätselraten. Das liegt daran, dass der Bundesverkehrsausschuss in seiner Sitzung am 13. April Bedenken der Länder (Sorge vor Ausweichverkehr) und der Verwaltung (Probleme mit der Umsetzung) aufgegriffen und weitere Ausschlusskriterien in das Gesetz aufgenommen hat. Bundesweit sollten zunächst 2000 Kilometer Bundesstraßen mautpflichtig werden, jetzt sind es nur noch 1000 Kilometer.

Eine Positivliste, aus der klipp und klar hervorgeht, wo Lkws zahlen müssen, existiert allerdings nicht - sondern nur eine allgemeine Definition. Das führt dazu, dass selbst das Verkehrsministerium in Stuttgart keine Antworten geben kann - man seivom Bund nicht informiert worden. Das Bundesverkehrsministerium wiederum verweist auf den Sommer: Es werde derzeit geprüft, welche Bundesstraßen der neuen Definition entsprächen, so eine Sprecherin. So lange müsse man sich gedulden.

Abschnitte innerhalb Stuttgarts bleiben mautfrei

Zumindest kann man für die Region Stuttgart schon jetzt vermuten, dass nach dieser Definition nur ganz wenige Bundesstraßen mit Maut belegt werden. Nicht vierspurige Bundesstraßen, wie etwa die B297 von Tübingen nach Nürtingen, fallen sowieso nicht unter das Gesetz. Nun werden zudem nur noch jene vierspurigen Abschnitte mit Maut belegt, die direkt an eine Autobahn angebunden sind - das trifft auf die B14 von Stuttgart nach Backnang, die B29 von Stuttgart nach Schwäbisch Gmünd und wohl auch die B10 von Stuttgart nach Göppingen nicht zu.

Mautpflichtig sind weiter nur Abschnitte, die länger als vier Kilometer sind - die B27 vom Echterdinger Ei nach Degerloch fällt also raus. Außerdem dürfen die Bundesstraßen nicht als Ortsdurchfahrt gelten - alle Abschnitte innerhalb Stuttgarts blieben also mautfrei. Als mautpflichtige Bundesstraßen bleiben so wohl nur die B27 von Tübingen bis zum Echterdinger Ei, außerdem die B313 von Wendlingen bis Plochingen. Doch letztlich ist das Spekulation. Genaues wird man erst im Sommer erfahren.

Zeit sparen wichtiger als Maut sparen?

Die Landeshauptstadt wäre jedenfalls mit diesem Ausgang des Verfahrens ganz zufrieden. OB Wolfgang Schuster hatte früher gewettert, dass die B10/14 in Stuttgart als Ausweichstrecke für viele Lkw-Fahrer diene, die sich die Gebühr auf der A8 und der A81 sparen möchten. Eine Zählung 2006 ergab aber, dass auf der B10 zwischen Esslingen und Korntal-Münchingen nur zehn Prozent der Lkws ganz durchgefahren sind und also dem Ausweichverkehr zugerechnet werden können.

Die Stadt schließt daraus, dass eine Maut eher negative Folgen hätte. Denn viele der Lastwagen mit Start- und Zielpunkt in der Region könnten dann die Bundesstraßen meiden und die Anwohner in den Wohngebieten noch stärker belasten als heute schon. Bei einem Gespräch im September vergangenen Jahres sei diese Ansicht Konsens gewesen bei allen anwesenden Oberbürgermeistern aus der Region, so Sven Matis vom Büro Schusters. Auch das Regierungspräsidium sieht dies so.

Yorick Lowin vom Deutschen Speditions- und Logistikverband ist ganz derselben Meinung wie die Städte: Zeit zu sparen sei heute für jeden Fahrer viel wichtiger, als Maut zu sparen - den Ausweichverkehr gebe es deshalb praktisch nicht. Ganz allgemein sieht Lowin in der Mautgebühr eine weitere Belastung der Betriebe. Der Bund rechnet mit Einnahmen von 100 Millionen Euro pro Jahr. 2010 brachte die Maut auf Autobahnen 4,2 Milliarden Euro.