Verspätungen, Totalausfälle, kaputte Fahrzeuge: Der Gesamtelternbeirat hat Beschwerden über die problematischen Buslinien auf der Filderebene gesammelt, von denen vor allem auch Schüler betroffen sind. Das Unternehmen Melchinger selbst zeichnet ein ganz anderes Bild und spricht von einer Hexenjagd.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Filder - Die Homepage des Gesamtelternbeirats Filderstadt wird immer beliebter. Darüber freuen kann sich das Gremium aber nicht. Denn die hohen Klickzahlen haben mit dem Bus-Chaos auf der Filderebene zu tun. Seit etwa zwei Jahren sind mehrere Buslinien auf den Fildern in der Hand der Deutschen-Bahn-Tochter Friedrich-Müller-Omnibus (FMO), vor einem Jahr kamen weitere Linien hinzu. FMO wiederum hat die Firma Melchinger für einige Linien als Subunternehmer beauftragt. Von Anfang an gab es mit FMO und Melchinger immer wieder Ärger. Fahrgäste kritisieren, dass die Busse häufig zu spät oder gar nicht kommen, dass viele Fahrzeuge marode und manche Busfahrer unhöflich seien. Davon betroffen sind auch die Schulbusse, was viele Mütter und Väter auf den Plan gerufen hat.

 

56 Meldungen allein im Dezember

Seit knapp zwei Monaten dokumentiert der Elternbeirat die Vorkommnisse auf seiner Internetseite. Im November wurden ihm mehr als 60 Fälle von Unpünktlichkeit oder gar Totalausfälle gemeldet. Im Dezember waren es bis Donnerstagmittag, also nach dem letzten Schultag vor den Weihnachtsferien, 56 Meldungen. „Wie kann ich unbesorgt zur Arbeit fahren, wenn mein elfjähriges Kind alleine an der Bushaltestelle steht und nicht weiß, wie es in die Schule kommt?“ Solche und ähnlich lautende E-Mails erreichten den Gesamtelternbeirat in den vergangenen Wochen nahezu täglich.

„Die Schulsekretariate wenden viel Zeit auf, um verspäteten Kindern nachzutelefonieren; Elterntaxis haben Konjunktur. Das darf so nicht weitergehen“, schreibt Ulrich Fauth, der stellvertretende Vorsitzende des Gesamtelternbeirats, in einem aktuellen Beitrag auf der Homepage. Man sei mit den Schulen und dem Ordnungsamt in permanentem Austausch, um die Fehler zu lokalisieren und möglichst rasch abzustellen. „Wir fordern sichere und verlässliche Schulbusverbindungen in und um Filderstadt!“, schreibt Fauth abschließend.

Viele Schüler werden nun mit dem Elterntaxi gebracht

Jens Fischer, der Gesamtelternbeiratsvorsitzende, ergänzt: „Die Vielzahl der von uns gesammelten Meldungen macht deutlich, wie drängend das Problem ist.“ Denn längst nicht jeder, der unter den Unregelmäßigkeiten bei den Busverbindungen leide, fülle das Formular aus. Das sei nur die Spitze des Eisbergs, meint Fischer. Er fügt hinzu: „Wir haben diese Meldungen beständig weitergegeben. Die Stadtverwaltung war bemüht, die Dinge zu ändern. Dem Ordnungsamt ist kein Vorwurf zu machen. Es gab auch Verbesserungen. Aber nicht in dem Maße, wie wir es uns gewünscht hätten.“

In den Medien zieht das Thema Kreise. Der Fernsehsender RTL hat das Thema am Freitag, 20. Dezember, in seinem Mittagsjournal „Punkt 12“ aufgegriffen. Simone Bessing, ebenfalls Elternvertreterin in Filderstadt, hatte den Fernsehsender angeschrieben, „um den Druck zu erhöhen“, wie sie sagt. „Ich will niemandem schaden. Ich möchte nur, dass die beauftragten Firmen ihren Vertrag einhalten und mit verkehrstauglichen Bussen fahren. Denn es geht um die Sicherheit unserer Kinder“, betont sie. Am Montag dieser Woche sei es wieder besonders schlimm gewesen. Mehrere Busse seien nicht gefahren. Die nachfolgenden Busse seien dann so überfüllt gewesen, dass die Fahrer Kinder am Straßenrand stehen gelassen hätten. „So was geht nicht“, sagt Bessing.

Im Januar ist ein Runder Tisch geplant

Das sieht Thomas Dreher genauso. „Wir wollen, dass die Jugendlichen sicher, zuverlässig und pünktlich zur Schule kommen“, sagt der Realschulrektor im Bildungszentrum Seefälle. Auch er habe die Probleme bei der Stadt vorgetragen. Es habe gedauert, aber nun habe er das Gefühl, dass ernsthaft nach Lösungen gesucht werde, obgleich er derzeit die konkreten Lösungsansätze noch nicht kenne.

Der Oberbürgermeister Christoph Traub erklärt, dass das Bus-Chaos „ärgerlich und nicht hinnehmbar“ sei. Er habe intensive Gespräch geführt und sich schon vor den Dreharbeiten von RTL an das Landratsamt gewandt. Im Januar werde es nun einen Runden Tisch mit allen Beteiligten geben, um gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. „Auch ich hätte mir gewünscht, dass wir schneller zu Ergebnissen kommen“, sagt Traub.

Melchinger-Geschäftsführerin spricht von einer Hexenjagd

Von einem Runden Tisch weiß Babette Melchinger noch nichts. Die Geschäftsführerin des in die Kritik geratenen Busunternehmens räumt ein: „Es gab Unregelmäßigkeiten, die wir uns zum Teil auf die Fahnen schreiben lassen müssen.“ Aber es gebe auch eine Kehrseite: „Wir waren wiederholt Opfer von Vandalismus.“ Mal seien die Reifen von Bussen aufgeschlitzt worden. Mal hätten Unbekannte nachts ein Fahrzeug aufgebrochen, hätten den Feuerlöscher entsichert und den gesamten Bus eingeschäumt. Babette Melchinger spricht von „dererlei Dingen mehr“ und ergänzt: „In diesen Fällen waren andere für die Verspätungen und Ausfälle verantwortlich.“ Zum Vorwurf, dass viele Fahrzeuge marode seien, sagt die Chefin: „Wir fahren mit verkehrstauglichen Bussen, die regelmäßig bei der Inspektion sind. Wir haben Prüfbücher, wo man alles nachlesen kann.“ Die Firma Melchinger habe in den vergangenen Wochen und Monaten viel Zeit und Geld investiert, um die Situation zu verbessern. Das Personal sei nochmals geschult und Technik nachgerüstet worden. „Das wurde von niemandem gewürdigt.“

Stattdessen gebe es eine Hexenjagd. Im Internet kursierten Gerüchte, und Beschwerdemeldungen würden sich über soziale Netzwerke vervielfachen. Einen Denkanstoß wolle sie all den scharfen Kritikern mit auf den Weg geben: „Was würde passieren, wenn wir den Vertrag von heute auf morgen kündigen und nicht mehr fahren würden? Glaubt irgendjemand, dass es dann besser wird?“

Link zur Umfrage

Die Pünktlichkeitsumfrage des Gesamtelternbeirats ist im Internet hier zu finden.