In Karlsruhe ist das Testfeld Autonomes Fahren Baden-Württemberg offiziell in Betrieb gegangen. Im Fokus stehen dabei nicht nur fahrerlose Autos, sondern auch der öffentliche Verkehr.

Wissen/Gesundheit: Werner Ludwig (lud)

Karlsruhe - Durch die rasante Digitalisierung ist eine autonome Szene der ganz besonderen Art entstanden. Ihre Mitglieder sind keine steinewerfenden Chaoten, sondern Manager, Ingenieure und Politiker, die sich mit autonom fahrenden Autos beschäftigen – mit einem Thema also, das heute in keiner Mobilitätsdiskussion fehlen darf. Auch in der grün-schwarzen Landesregierung herrscht Einigkeit darüber, dass selbstfahrende Autos neben der Elektromobilität ein Megatrend der Zukunft sind.

 

So waren am Donnerstag bei der offiziellen Eröffnung des Testfelds Autonomes Fahren Baden-Württemberg in Karlsruhe gleich zwei Landesminister zugegen. Und wenn Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) nicht kurzfristig abgesagt hätte, wäre die Landesregierung sogar mit drei prominenten Köpfen vertreten gewesen. „Die Mobilität wird derzeit noch einmal neu erfunden – und Baden-Württemberg ist vorne mit dabei“, sagte Innenminister Thomas Strobl (CDU), der auch für die Digitalisierung zuständig ist.

Er erinnerte an Bertha Benz, die 1888 mit dem Benz-Motorwagen von Mannheim nach Pforzheim fuhr. Der Minister ist überzeugt, dass das Land auf dem Gebiet des autonomen Fahrens ähnliche Pioniertaten vollbringen kann. Habe bislang das „Herz des Autos“, der Motor, im Mittelpunkt gestanden, komme jetzt das „Gehirn“ dazu – in Form der Algorithmen, welche die autonomen Autos steuern. „Das Auto wird nach und nach ein echtes Automobil“ – also ein Fahrzeug, das ganz von alleine fährt.

Ein solches Fahrzeug konnten die Gäste beim offiziellen Startschuss für das Testfeld live auf der Leinwand verfolgen. Dabei querte der weiße Audi ohne sichtbare Probleme eine dicht befahrene vierspurige Karlsruher Kreuzung mit jeder Menge Ampeln – beaufsichtigt von einem Sicherheitsfahrer, der jederzeit eingreifen könnte.

Im Rahmen des Testfelds Autonomes Fahren (TAF) sollen auf ausgewählten Strecken in und um Karlsruhe, Heilbronn und Bruchsal selbstfahrende Autos unter Praxisbedingungen getestet werden – nicht nur auf der Autobahn, sondern auch auf Landstraßen und in der Stadt, wo die Anforderungen an Roboterautos deutlich höher sind. Die Vorarbeiten für das Projekt, das vom Land mit 2,5 Millionen Euro gefördert wird, haben vor gut zwei Jahren begonnen, im Dezember fanden erste Versuchsfahrten statt. Auf den Teststrecken – derzeit rund 30 Kilometer – erfassen etwa zusätzliche Kameras an Ampeln und Sensoren das Verkehrsgeschehen. Anhand dieser Daten können autonome Fahrzeuge sich besser an den Verkehr anpassen. Um die Straßen flächendeckend mit der erforderlichen Technik auszurüsten, wären freilich enorme Investitionen nötig.

Beim TAF geht es nicht nur um fahrerlose Autos. Genau so wichtig sei die intelligente Einbindung öffentlicher Verkehrsmittel, betonte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne). „Das Autoland Baden-Württemberg muss Mobilitätsland werden“. Dass den TAF-Verantwortlichen auch der Nahverkehr am Herzen liegt, ist nicht zuletzt daran zu erkennen, dass der Karlsruher Verkehrsverbund KVV als Betreiber des Projekts fungiert. Auch für sein eigenes Unternehmen hat KVV-Chef Alexander Pischon ehrgeizige Pläne. Im kommenden Frühjahr soll der Testbetrieb mit drei autonomen Mini-Elektrobussen beginnen. Pischon stellt sich vor, dass solche Fahrzeuge wie etwa der drollige Zehnsitzer „E.GO Mover“ nicht mehr stur auf festen Linien fahren, sondern kreuz und quer – so wie es sich aus den Anfragen der einzelnen Fahrgäste ergibt.

Ein weiteres Ziel des TAF ist es, auch kleinen Firmen die Chance zu geben, neue Entwicklungen in der Praxis zu testen. Das Projekt sei damit auch ein Beitrag zur Mittelstandsförderung, so Minister Hermann.

Projekt mit vielen Beteiligten

Partner Hinter dem Testfeld Autonomes Fahren Baden-Württemberg steht ein Konsortium aus Forschungseinrichtungen und Kommunen. Von wissenschaftlicher Seite sind beteiligt: das Forschungszentrum Informatik (FZI), das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), die Hochschule Karlsruhe, das Fraunhofer Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung und die Hochschule Heilbronn.

Kommunen Beteiligt sind neben der Stadt Karlsruhe die Stadt und Region Bruchsal sowie die Stadt Heilbronn.

Betreiber Der Karlsruher Verkehrsverbund KVV fungiert als Betreiber und koordiniert von seiner Leitstelle aus die Fahrten und Versuche der Testfeld-Benutzer.