Wieder ist Stuttgart in einem ein Stauranking ganz vorne gelandet. Doch die hiesigen Verkehrsexperten zweifeln das Ergebnis an und verweisen auf Ungenauigkeiten in der jüngsten Erhebung.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Es ist ein Spitzenplatz, um den sich keine Großstadt reißt. Aber Stuttgart schafft es immer wieder, beim Thema Stau ganz oben auf dem Siegertreppchen bundesdeutscher Kommunen zu landen. Dieses Mal ist es der Verkehrsinformationsdienst Inrix, der Stuttgart zur Stauhauptstadt der Republik gekürt hat. Etwa 60 Stunden Lebenszeit gingen den Menschen hier im Jahr verloren, während sie in der Autoschlange stehen. Stuttgarts Verkehrsexperten zweifeln seit längerem an solchen Berechnungen. Nicht nur, weil sie immer wieder einzelne Fehler aufweisen. Sondern auch, weil der Vergleich der Großstädte wegen der sehr unterschiedlichen Verhältnisse wenig sinnvoll ist.

 

Auch europaweit unter den fünf stauträchtigsten Städten

Die Botschaft ist nicht neu, allenfalls die Details variieren. Schon vor geraumer Zeit hatte der Verkehrsclub Mobil in Deutschland auf der Grundlage von Daten des Navigationsgerätehersteller Tom-Tom errechnet, dass Berufspendler in Stuttgart, die einen Anfahrtswegs von einer halben Stunde haben, jedes Jahr etwa 89 Stunden im Stau vergeudeten. Gemessen daran ist das Ergebnis, das Inrix nun vorgelegt hat, sogar etwas günstiger ausgefallen: Hier sollen es 60 Stunden sein, die Autofahrer auf den Straßen der Stadt mehr warten als fahren. Im Vorjahr seien es noch 65 gewesen. Doch das ändert nichts daran, dass Stuttgart auch in dieser Liste die Stauhauptstadt Deutschlands bleibt, vor Köln, Karlsruhe, Düsseldorf, Hamburg und München. Auch international – Ehre, wem Ehre gebührt – kommt die Stadt auf Platz fünf bei den durch Staus verlängerten Reisezeiten, hinter namhaften Metropolen wie Brüssel, London, Antwerpen und Rotterdam.

Ungenauigkeiten bei der Datenzuordnung

Auf der Liste der zehn schlimmsten deutschen Staustraßen haben sich auch drei Stuttgarter platziert. Doch Vorsicht: Auf Platz drei der Liste steht – nach zwei Straßen in München – die Autobahn 8 zwischen Möhringen und Leonberg. Dieser Abschnitt gehört aber gar nicht zu Stuttgart, ein Fehler, den auch andere Staurankings schon gemacht haben. „Es ist immer die Region gemeint“, sagt Ralf Thomas, der Leiter der Integrierten Verkehrsleitzentrale (IVLZ). Weil es aber in Stuttgart anders als in vielen anderen Großstädten aufgrund der Topografie nur zwei Bundesstraßen durch die Stadt gebe und vor allem auch keine Umfahrungsstrecke wie der Autobahnring rund um München, sei die Landeshauptstadt besonders von Ausweichverkehr durch die Stadt betroffen. Das schlägt sich dann auch in der jüngsten Statistik nieder: auf Platz vier der Staustraßen befindet sich der Abschnitt der Bundesstraße 27 zwischen Olgaeck und dem Teiler von B 10 und B 27 sowie die B 10 zwischen Pragtunnel und Gaisburger Brücke.

Sinnhaftigkeit des Rankings infrage gestellt

Auch wenn Ralf Thomas das in dem Ranking angesprochene Verkehrsproblem in Stuttgart grundsätzlich anerkennt, hält er es dennoch für wenig sinnvoll, die Großstädte in dieser Frage überhaupt zu vergleichen. „Die Strukturen sind in jeder Stadt grundlegend anders“, so Thomas. In Stuttgart sei es die Kessellage und die genannten Defizite des Straßensystems drum herum. Und weil dies so sei, sagt IVLZ-Leiter Ralf Thomas, pflegten die deutschen Großstädte zwar einen intensiven Austausch in Verkehrsfragen, um auch voneinander zu lernen. Sie vermeiden es aber, sich in einer Art Rangliste miteinander zu vergleichen.