Die Stadtverwaltung überrascht mit ihrem Vorschlag, die Verbindung zwischen Schönberg und Degerloch als Fahrradstraße auszuweisen.

Die Nachricht, dass die Stadt Stuttgart derzeit prüft, aus dem Königsträßle zwischen Schönberg und der Waldau eine Fahrradstraße zu machen, löst reichlich Wirbel aus. Der Bürgerverein Schönberg hatte in der Folge prompt reagiert und in einer Erklärung wissen lassen, dass der Verein sich in der Sache schriftlich an Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) gewendet habe.

 

Schreiben an den Rathauschef

Tenor des Schreibens an den Rathauschef: Der ohnehin schlecht nahversorgte Stadtteil dürfe durch eine Sperrung der Straße in Richtung Degerloch nicht noch mehr isoliert werden. Zuvor hatte der Fahrradfahrerverein ADFC angekündigt, sich bei den Gemeinderatsfraktionen dafür stark zu machen, dass das Königsträßle für den Autoverkehr gesperrt werde.

Auch die Reaktionen aus den kommunalpolitischen Gremien ließen nicht lange auf sich warten: Fastgleichzeitig haben sich die Fraktionen Ende März zur Causa König-sträßle positioniert: In einem interfraktionellen Antrag sprechen sich Grüne, SPD, Linksbündnis und Puls im Gemeinderat für die Einrichtung der Fahrradstraße mit Freigabe für den KfZ-Verkehr zwischen der Jahnstraße und der Birkheckenstraße aus. Einer Komplettschließung der Verbindungsstraße für Autos erteilen demnach aber auch die politischen Befürworter der Fahrradstraße eine Absage.

Kehrtwende im Bezirksbeirat

CDU, FDP und den Freien Wählern im Bezirksbeirat Birkach ist freilich auch eine Fahrradstraße, auf denen Autos mit maximal Tempo 30 fahren dürften und der Fahrradverkehr priorisiert wäre, noch ein Dorn im Auge: Praktisch gleichzeitig mit dem Antrag aus dem Gemeinderat formulierten die drei Bezirksfraktionen ihrerseits gemeinsam die Forderung an die Stadt, die Umwidmung zur Fahrradstraße nicht weiterzuverfolgen. Eine konservative Mehrheit hatte im Bezirksbeirat Ende vorigen Jahres bereits die Rückkehr zu Tempo 60 auf dem Königsträßle gefordert und damit den Stein mutmaßlich erst ins Rollen gebracht.

Die seit mehr als zehn Jahren auf der Straße durch den Wald geltende Geschwindigkeitsbegrenzung von 40 Kilometern pro Stunde war ursprünglich notwendig geworden, weil der Straßenbelag des Königsträßle in einem desolaten Zustand war. Wegen der nun fertiggestellten Fahrbahnsanierung, so das Argument der Befürworter einer Erhöhung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, müsse nun zur ursprünglichen Tempo 60-Regelung zurückgekehrt werden.

Wieder Tempo 60 erlauben?

Doch dass so schnell auf dem Königsträßle gefahren werden darf, fordert nicht einmal der Schönberger Bürgerverein, der ein nachvollziehbares Interesse daran hat, dass die Straße für Autos unbeschränkt befahrbar bleibt. Dort verweist man darauf, dass der Verein bereits im Jahr 2020 der Stadt diverse Vorschläge zur Verkehrsregelung auf dem Königsträßle unterbreitet hatte. Unter anderem eine Tempobegrenzung auf 30 oder 40, verbunden mit regelmäßigen Geschwindigkeitskontrollen, um die Strecke für den Schleichverkehr im Berufsverkehr unattraktiver zu machen.

Bemerkenswert ist auch: Ein bereits im Jahr 2020 gestellter Antrag der Grünen auf das Einrichten einer Fahrradstraße mit einer Freigabe für Kraftfahrzeuge fand zu Beginn der Legislatur 2020 im Birkacher Bezirksbeirat noch eine satte Mehrheit im Gremium. Auch das konservative Lager hatte sich damals bei nur einer Gegenstimme mehrheitlich für die Fahrradstraße auf dem Königsträßle ausgesprochen.

„Manchmal wird man schlauer“

Mit dem aktuellen Antrag gegen eine Fahrradstraße widerspricht nun ein Teil der Bezirksbeiräte seiner eigenen Zustimmung vor drei Jahren. Der CDU-Bezirksbeirat Jürgen Holzwarth begründete das Umdenken Schritt mit neuen Erkenntnissen: „Manchmal wird man auch schlauer“, so Holzwarth. Fahrradstraßen seien kein geeignetes Thema außerhalb geschlossener Ortschaften, sondern nur für innerörtliche Straßen, findet der Bezirksbeirat.

Der Sprecher der Grünen im Birkacher Bezirksbeirat, Joachim Kausch, kritisiert die politische Kehrtwende eines Teils der Gremiumsmitglieder: „Wenn wir uns als ein Beratungsgremium für Verwaltung und Gemeinderat nicht lächerlich machen wollen, dann sollten wir nicht allzu oft unsere Meinung um 180 Grad drehen“, sagte Kausch.