Beim schon vor zwei Jahren auf den Weg gebrachten Gutachten müssen auf Geheiß des Landesverkehrsministeriums für Fellbach nun reduzierte Dezibelwerte zugrunde gelegt werden. Das läuft auf noch mehr temporeduzierte Bereiche raus.

Fellbach - Wie heißt es an Silvester so schön: „Same procedure as last year.“ Nun, in der jüngsten Sitzung des Fellbacher Gemeinderats ging es nicht um „Dinner for One“ und auch nicht um denselben Ablauf wie im Jahr 2019. Vielmehr erinnerte die Szenerie an „dieselbe Prozedur wie vorvorletztes Jahr“.

 

Die Verzögerungen haben allerdings nicht ausschließlich mit diversen Vakanzen und personellen Wechseln in der Fellbacher Bauverwaltung zu tun

Denn auf der Tagesordnung stand ein Werk, das bereits im Herbst 2018 auf den Weg gebracht worden war. Es geht um den Lärmaktionsplan, der dank EU-Recht in allen Kommunen erstellt werden muss. Doch wenn’s mal wieder länger dauert – dieser Werbespruch fällt einem jedenfalls spontan ein in der Einschätzung der Entwicklung. „Der Plan lag zwischenzeitlich auf Halde“, räumte Baubürgermeisterin Beatrice Soltys denn auch in der jüngsten Sitzung des Lokalparlaments ein und begründete dies mit „fehlenden Kapazitäten“ in ihrem Amt. Dabei sei die Aufstellung dieses „rechtlich anspruchsvollen Werks“, so Soltys, „eine Pflichtaufgabe, wir haben keinen Spielraum“. Die Folge des gemäßigten Tempos in der Umsetzung war, wie die Dezernentin bereits vor knapp zwei Jahren zugab, „ein Rüffel vom Regierungspräsidium“.

Die Verzögerungen haben allerdings nicht ausschließlich mit diversen Vakanzen und personellen Wechseln in der Fellbacher Bauverwaltung zu tun. Vielmehr sorgte eine zwischendurch getroffene maßgebliche Änderung der Rahmenbedingungen dafür, dass eine Überarbeitung notwendig wurde. So hatte das Verkehrsministerium Baden-Württemberg kurz nach der Auftragsvergabe durch das Fellbacher Stadtparlament einen neuen Kooperationserlass veröffentlicht. Wesentliche Vorgabe: Maßnahmen zur Lärmreduzierung seien bereits ab einem Pegel von tagsüber 70 Dezibel und nachts von 60 Dezibel durchzuführen. Das waren strengere Richtwerte als die zuvor genannten 63 beziehungsweise 73 Dezibel, die dem Fellbacher Lärmaktionsplan zugrunde gelegt wurden.

Wenn es künftig also auf Fellbachs Straßen etwas langsamer vorangeht, so soll der neue Lärmaktionsplan durchaus etwas flotter erstellt werden

Die Folge, so Soltys: „Wir lassen den Plan jetzt komplett überarbeiten.“ Zuständig ist erneut das Büro BS Ingenieure aus Ludwigsburg, das seinen Entwurf für den Lärmaktionsplan auf Basis aller relevanten Fachinformationen neu ausgestaltet. Wesentlicher Schwerpunkt in der neuen Expertise dürfte sein, wo im Stadtgebiet reduziertes Tempo erforderlich ist, um die Bürger etwa in der Nacht ruhiger schlafen zu lassen. Doch auch weitere Varianten zur Lärmminderung in Fellbach sollen eingearbeitet werden. Dazu gehört etwa die Sanierung der Fahrbahndecken, es geht um die Verbesserung des Verkehrsflusses, Überlegungen zur allgemeinen Verkehrsreduzierung sind erwünscht, außerdem passive Lärmschutzmaßnahmen im öffentlichen und privaten Bereich.

Und natürlich spielt die Einführung von Tempo 30 in zahlreichen Straßen eine ganz wichtige Rolle – ein durchaus umstrittenes Thema, wie die Wortmeldungen im Gremium zeigten. Die Fachleute sollen das Krach-Thema aber nicht nur grundsätzlich erörtern und die Vorschläge gegeneinander abwiegen. „Vielmehr wird auch einzelfallbezogen auf die identifizierten Lärmschwerpunkte im Stadtgebiet eingegangen“, heißt es in der von Stadtplaner Christian Plöhn konzipierten Sitzungsvorlage. Der 38-Jährige ist seit Oktober 2019 Leiter des Stadtplanungsamts.

Wenn es künftig also auf Fellbachs Straßen etwas langsamer vorangeht, so soll der neue Lärmaktionsplan durchaus etwas flotter erstellt werden. Im Sommer 2020 ist nach Soltys’ Angaben die „Vorabstimmung“ mit den zuständigen Verkehrsbehörden geplant. Nach der Sommerpause folgen die Beratungen in den Fellbacher Gremien sowie die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange und der Öffentlichkeit. „Zum Ende der zweiten Jahreshälfte“ – also kurz vor Weihnachten, soll der Lärmaktionsplan per Abstimmung im Gemeinderat denn auch offiziellen Status erhalten.