Die Anwohner der Hauptstraße kämpfen seit Jahrzehnten gegen den Verkehr. Nun greift ein Ehepaar zu außergewöhnlichen Mitteln.

Heiningen - In der Wahl ihrer Mittel sind Sigrun und Dieter Traub nicht zimperlich. Zur Not stellen sie einen Lastwagen ihrer Firma auf die Hauptstraße, um den Verkehr abzubremsen, der vor ihrer Haustür vorbeidonnert. Rund 16 000 Fahrzeuge pro Tag sind es laut einer zehn Jahre alten Zählung. „Unser Haus hat Risse, der Wertverfall ist enorm, und jetzt soll auch noch das Neubaugebiet kommen“, ärgert sich das Ehepaar. Aus Protest hat Dieter Traub jetzt auch noch einen alten VW Golf gekauft, den er auf der Hauptstraße parkt.

 

Mit den Firmen- und sonstigen Privatfahrzeugen ist ihm das nämlich zu gefährlich. Zum einen scheinen nicht alle Heininger die Blockadehaltung der Traubs zu mögen – Sigrun Traub zufolge wird die am Straßenrand geparkte Traub’sche Fahrzeugflotte ab und an mit Eiern beworfen – zum anderen riskieren sie Kratzer und kaputte Spiegel auf dem stark umfahrenen Parkplatz. So gab es schon einen Auffahrunfall. „Wir können aber nichts dafür, wenn die Leute nicht aufpassen. Wir begehen kein Unrecht. Die Polizei hat einsehen müssen, dass das Auto dort nicht falsch parkt, sondern durchaus vorschriftsmäßig abgestellt ist“, erklärt Dieter Traub.

Neue Zufahrten gefordert

Schon vor Jahrzehnten, als er für eine Ortsumfahrung kämpfte, hatte er zu ähnlichen Mitteln gegriffen. Heute geht es ihm um das geplante Neubaugebiet Breite III. Etwa 60 Häuser sollen das Gebiet komplettieren, das Heiningen in den vergangenen Jahrzehnten nördlich der Mörikestraße erschlossen hat.

Allerdings gibt es nur wenige Zufahrten. Die meistbefahrene ist die Mörikestraße in Richtung der Hauptstraße. „Da gehören mehrere neue Zufahrten hin. Das wurde uns im Übrigen schon vor Jahren versprochen“, fordert Dieter Traub und weiß sich mit dieser Klage nicht allein. Auch andere Anwohner befürchten eine Verkehrszunahme.

„Aber es ist legal“

„Ich habe vollstes Verständnis für die Leute, die direkt an der Einmündung der Mörike- zur Hauptstraße wohnen. Das ist wirklich viel Verkehr“, räumt der Heininger Bürgermeister Norbert Aufrecht ein. Weniger Verständnis bringt er für die Klagen der Anwohner auf, die mitten im Baugebiet wohnen. Noch weniger kann er die Wahl der Mittel des Ehepaars Traub nachvollziehen. „Aber es ist legal“, räumt er ein. „Man muss auch sehen, dass wir eher einen Einwohnerrückgang haben. Heiningen hatte schon einmal 5500 Einwohner. Heute sind es 5250. Mit dem neuen Baugebiet kommen wir allenfalls wieder auf frühere Zahlen“, versucht er die Angst vor einem innerörtlichen Verkehrs-GAU zu nehmen. „Wir nehmen aber die Anliegen ernst“, fügt er hinzu.

Idee der Ortsumfahrung ist gestorben

In nichtöffentlicher Sitzung ist im Gemeinderat nun diskutiert worden, was zuvor schon von der Gemeinde propagiert worden war und Ende April öffentlich beraten werden soll: Für das Neubaugebiet soll es ein oder zwei neue Zufahrten abseits der Mörikestraße geben. Dafür böte sich Aufrecht zufolge zum einen vom nördlichen Abschnitt der Hauptstraße aus eine Trasse am Wohnheim der Lebenshilfe vorbei an. Zum anderen könnte noch weiter nördlich ein Durchbruch zur Gartenstraße geschaffen werden, unmittelbar vor deren Einmündung in die Jebenhäuser Straße. Weichen müsste dafür ein leer stehendes Haus, das der Gemeinde gehört.

Nur eines wird wohl in Heiningen nicht mehr auf die Tagesordnung gesetzt: die Ortsumfahrung, über die seit den siebziger Jahren diskutiert wurde und für die man einst die Grundstücke und die Finanzierung so gut wie gesichert hatte. Spätestens seit dem Abschluss der Flurbereinigung und der Rückgabe der Grundstücke vor zehn Jahren war diese Idee aber endgültig gestorben. „Da müsste man jetzt wieder von null anfangen“, so Aufrecht.