Weil er alternative Trassenrouten für die Stadtbahn zwischen Pattonville und Ludwigsburg prüfen ließ, attackieren die Grünen Oberbürgermeister Matthias Knecht. Er wolle geltende Beschlüsse aushebeln, werfen sie ihm vor.

Ludwigsburg: Susanne Mathes (mat)

Ludwigsburg - Alleingänge, Lobbyismus, Aushebelung demokratisch legitimierter Gremien: Die Grünen im Kreistag und im Ludwigsburger Gemeinderat greifen Oberbürgermeister Matthias Knecht scharf an, weil er forciert hatte, dass der Zweckverband Stadtbahn mögliche Trassenvarianten von Pattonville zum Ludwigsburger Bahnhof untersuchen lässt. Geprüft wurden alternative Streckenführungen via Königinallee und W&W und via Robert-Franck-Allee als Hochflurbahn. Das verkehrswissenschaftliche Institut Stuttgart hat diesen Südvarianten dieser Tage ein positives Zeugnis ausgestellt.

 

Hochflur sei kein Zukunftsmodell, schimpfen die Grünen

Die Grünen schäumen angesichts dieser Wendung und werfen Matthias Knecht vor, er hebele geltende Beschlüsse aus. Die Beschlusslage sei eindeutig: spätestens ab Pattonville solle Ludwigsburg mit einer Niederflurbahn erschlossen werden. „Eine Hochflurbahn ist in Ludwigsburg kein Zukunftsmodell“, findet der Grünen-Kreisrat Jürgen Walter. Eine Hochflurbahn beim Salonwald und in der Südstadt sei „absolut keine Verschönerung des Stadtbildes“. Die Vorstellung, man könne eine Hochflurbahn bauen und später auf eine Niederflurbahn umsteigen, sei „völlig absurd“. Auch Ludwigsburgs Grünen-Fraktionsvorsitzender Florian Sorg fürchtet, wenn einmal viel Geld für eine Hochflurbahn ausgegeben sei, werde es keinen Systemwechsel mehr geben. Es sollten wohl „an den demokratisch legitimierten Gremien vorbei Fakten geschaffen werden“, mutmaßen die Grünen – und geben Knecht mit: „Diese Art von Politik wurde in Ludwigsburg mit der Abwahl des früheren Rathauschefs Spec in den Ruhestand geschickt.“

Knecht verteidigt die Prüfung der Varianten. „Ich sehe es mit gewisser Zufriedenheit, dass diese Routenführungen nicht als abwegig beurteilt wurden“, sagt er, „ich wundere mich, dass sie nicht schon früher in Betracht gezogen wurden, schließlich liegen die evangelischen Hochschule und die Karlshöhe an der Strecke.“ Das Aktionsbündnis Pro-Niederflur-Stadtbahn-Ludwigsburg hingegen, das die neue Überlegung laut ihrem Sprecher Werner Bischof „mit Schrecken“ verfolgt, vermutet: „Die Hauptsache scheint, dass in einer großen Schleife das W&W-Areal angeschlossen wird – wegen der 5000 Arbeitsplätze, die in Kornwestheim entstehen. Gleichzeitig wollen die Planer im Westen der Stadt keinesfalls die Arbeitsplätze bedienen, sondern mit der Markgröninger Bahn ebenfalls außen herum fahren.“ Die vom Aktionsbündnis geforderte Weststadtspange habe man mit dem Argument abgelehnt, der morgend- und abendliche Pendlerverkehr bringe zu wenig Frequenz.

Alle Optionen sollten fair geprüft werden, findet der OB

Alle Optionen für den Ludwigsburger Teil der Stadtbahn zu durchdenken, bevor es in entscheidende Planungsphasen gehe, das sei seine Aufgabe als Oberbürgermeister, sagt Matthias Knecht. „Und wir sind das auch der Bevölkerung schuldig. Wir brauchen diese Diskussion jetzt, und die Prüfung trägt dazu bei, sie vorzubereiten. Mir geht es dabei mehr um die Routenführung als um das Mittel.“ Mit der Aushebelung von Beschlüssen habe das nichts zu tun. „Es ist auch kein Abgesang auf Niederflur. Nur eine faire Prüfung vor dem Beschluss über den Ludwigsburger Ast. Niemand braucht Angst zu haben, dass der Knecht jetzt Hochflur durchboxen will.“

Kreistag und Ludwigsburger Gemeinderat hätten sich 2019 auf ein Stufenmodell mit drei nacheinander folgenden Etappen geeinigt, sagt der Rathauschef: Reaktivierung Ludwigsburg–Markgröningen, Neubau Ludwigsburg–Remseck und schließlich der Stadtbahnbau in Ludwigsburg Richtung Oßweil. Doch jetzt fordere das Verkehrsministerium, dass statt des Stufen- ein Gesamtpaket eingereicht werden müsse. „Wir müssen in den nächsten Wochen entscheiden, was wir für die Stadtbahn Ludwigsburg wollen“, so Knecht. „Das Schlimmste wäre, wenn wir im ersten Quartal 2022 im Gemeinderat zu keiner klaren Entscheidung kommen.“