Um den Autoverkehr zu bremsen sollen die Straßen in der Ortsmitte künftig nur noch eine Breite von 3,50 Meter haben – das wurde beim Infoabend für die künftige Gestaltung bekannt. Kritik an der Verengung kommt von Landwirten und Radlern.

Rems-Murr: Sascha Schmierer (sas)

Schmiden - Dass der Autoverkehr künftig nur noch mit maximal Tempo 30 durch die Ortsmitte von Schmiden rollen soll, war den Bürgern bereits bewusst. Schließlich sieht der jüngst beschlossene Lärmaktionsplan, von Fellbachs Stadt-räten nach einem behördlichen Rüffel eilig verabschiedet, diese Höchstgeschwindigkeit schon aus Schallschutzgründen vor.

 

Neu allerdings ist, dass die Straßen im Ortskern zu einer automatischen Tempobremse umgebaut werden sollen. Bei den geplanten Arbeiten in der Schmidener Ortsmitte setzt Fellbachs Baudezernat auf eine Straßenbreite von nur noch 3,50 Meter – um den durchfahrenden Pendlern den Weg durch den Ortskern zu verleiden, soll es nur noch auf Schmalspur durch Schmiden gehen.

Auch der Fahrradverkehr soll in Schmiden künftig eine bremsende Wirkung entfalten

Geplant ist nicht nur, die Straßen rund um die neue Ortsmitte zu verengen. Pflasterbänder auf beiden Seiten des Asphaltbelags sollen den Straßenraum optisch noch etwas schmäler machen. Und: Auch der Fahrradverkehr soll in Schmiden künftig eine bremsende Wirkung entfalten. Synonym zur Fellbacher Bahnhofstraße sollen Drahtesel auch im Stadtteil generell auf der Straße unterwegs sein, einen eigenen Fahrradstreifen gibt es in den Plänen zur Umgestaltung der Ortsmitte ebenso wenig wie die bisherige Busspur.

Erklärtes Ziel des Maßnahmenpakets ist der Versuch, die Verkehrsbelastung im Ortskern zu senken. Geht es nur langsam durch Schmiden, so das Kalkül der Fellbacher Bauverwaltung und des mit Vorschlägen für die künftige Gestaltung beauftragten Ingenieurbüros, sucht sich der von Waiblingen in Richtung Stuttgart fließende Durchgangsverkehr vielleicht andere Wege. Geschätzt wird, dass die Straßen in der Ortsmitte aktuell täglich von knapp 10 000 Autos und Lastwagen genutzt werden. Eine von Tiefbauamtsleiter Thomas Stengel für November angekündigte Zählung soll konkrete Daten liefern.

„Das Thema Verkehr ist den Anwohnern eine Herzensangelegenheit“, sagte die Fellbacher Baubürgermeisterin Beatrice Soltys bei einem Informationsabend, bei dem die Ideen für die Gestaltung des Straßenraums am Mittwochabend vorgestellt wurden. Knapp 50 Bürger nutzten die Gelegenheit, sich über die Pläne aufklären zu lassen.

Kritik kommt jetzt deshalb vor allem aus der Landwirtschaft

Gelobt wurde am Konzept, dass die Geh-wege deutlich verbreitert werden sollen. Künftig soll es möglich sein, auch mit Kinderwagen oder Rollator an Passanten vorbeizukommen. Auch Einzelhändler dürfen sich laut Soltys auf mehr Platz zur Präsentation ihrer Ware freuen. Gesehen wird der zusätzliche Komfort für Fußgänger unter dem Stichwort „Aufenthaltsqualität“. Was die Kunden freuen dürfte: Weil zu beiden Seiten der Straße eine Parkreihe vorgesehen ist, fallen in der aktuellen Version nur zehn der bisher 78 Stellplätze am Straßenrand weg. Kompensiert wird das aus Sicht der Stadtverwaltung durch die 21 öffentlichen Parkplätze, die in der Tiefgarage im Ortskern entstehen sollen. Eine erste Variante hatte deutlich weniger Stellplätze am Straßenrand vorgesehen – verschwand aber nach Protest aus dem Gewerbeverein wieder in der Schublade.

Kritik kommt jetzt deshalb vor allem aus der Landwirtschaft. Denn die Bauern würden, das stellte Harald Kauffmann aus der Butterstraße bildhaft dar, bei einer Straßenbreite von 3,50 Metern kaum mehr auf ihren Hof kommen – werde rechts und links geparkt werde das Rangieren mit Traktor und Ackergerät zum Balanceakt. Auch aufs Fahrrad setzende Bürger zeigten sich nicht glücklich über den Zwang, künftig durch den Autoverkehr manövrieren zu müssen. „Eine Fahrt auf der Remstalstraße ist bereits jetzt ein Erlebnis“, hieß es.

Festgezurrt allerdings sind die Pläne noch nicht. Erst im Dezember soll der Baubeschluss der Stadträte fallen, Tiefbauchef Thomas Stengel versicherte, dass problematische Punkte wie Straßenbreite und Kurvenradien auch intern nochmals geprüft würden. Gibt die Lokalpolitik grünes Licht, könnte im Juli 2019 nach dem Schmidener Sommer mit der südlichen Fellbacher Straße der erste von vier Bau-abschnitten starten. Der Bereich beim Rathaus könnte 2021 folgen, der Bereich von Remstalstraße und Jakobstraße dann im Jahr 2023. Der Preis für die Umgestaltung wird von der Stadt übrigens mit gerade mal 5,7 Millionen Euro veranschlagt – ob das Geld für eine höhere Aufenthaltsqualität in Schmiden reicht, darf bezweifelt werden.