E-Mobile mit Brennstoffzelle könnten die Luftqualität in den Städten voran bringen. Bisher tut sich aber wenig – und das obwohl Fachleute der Technologie eine große Bedeutung beimessen.

Stuttgart - Autos mit Wasserstoff im Tank sowie einer Brennstoffzelle und einem Elektromotor unter der Haube könnten einmal die Städte entlasten, die um bessere Luft ringen. Doch die Hoffnungsträger auf die Straße zu bekommen, ist schwierig. Die Suche nach geeigneten Standorten für zusätzliche Wasserstofftankstellen kommt kaum voran. Auch in Stuttgart.

 

Je zehn Zapfstellen möchte die Firma H2 Mobility in der Metropolregion Stuttgart und in anderen Regionen bis zum Jahr 2019 eigentlich anbieten. Bisher sind es im hiesigen Raum fünf: je eine in Fellbach, Wendlingen, Sindelfingen, Metzingen und am Flughafen. In Ludwigsburg werde eine geplant, erklärte das Unternehmen, das unter anderen von Mineralölkonzernen und von der Daimler AG getragen wird. In ganz Stuttgart gibt es keine Tankstelle, die Wasserstoff im Angebot hat. Verschiedene Standortüberlegungen zerschlugen sich. Die frühere Shell-Station am Cannstatter Wasen hätte geeignet sein können, sagt Benjamin Jödecke von H2 Mobility, doch diese Tankstelle wurde für das Wohnungs- und Bürobauprojekt im Neckarpark aufgegeben.

Eine Konsequenz davon ist, dass auch die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) ihre versuchsweise eingesetzten Brennstoffzellen-Hybridbusse bevorzugt in der Nähe von Wasserstoff-Tankstellen einsetzen muss, etwa auf den Fildern. Das Unternehmen möchte zwar in seinem Betriebshof Gaisburg eine eigene Tankstelle einrichten, doch das Verfahren hänge beim Bund fest, wo die SSB Anfang Mai Fördergelder beantragt habe, sagt Wolfgang Forderer, Mobilitätsexperte bei OB Fritz Kuhn. Selbst um die Anlage Ende 2019 in Betrieb zu nehmen, werde langsam die Zeit knapp.

Auch Lärmschutz ist ein Thema

Überlegungen, die SSB-Tankstelle sozusagen von einer Seite her öffentlich zugänglich zu machen, haben sich schon zerschlagen. Nicht nur, weil der Wasserstoff für das Betanken von Pkw unter höherem Druck stehen muss als der für Lkw und Busse. Es würden dann auch strenger rechtliche Vorschriften greifen. Nach Forderers Worten überlegt man zurzeit aber, auf dem Gelände des Großmarkts, der in der Hand einer städtischen Marktgesellschaft ist, eine öffentlich zugängliche Tankstelle zu schaffen. Oder am Standort der Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS) an der Cannstatter Straße.

Je nach Lage brauche man 100 bis 800 Quadratmeter Platz, um Tanks und Zapfanlage unterzubringen und den Tanklastzügen und Lkws genug Platz für die Schleppkurven bei der An- und Abfahrt zu bieten, sagt Benjamin Jödecke. Außerdem ist der Lärmschutz ein Thema. Obwohl die an H2 Mobility beteiligten Mineralölkonzerne bundesweit über viele Tankstellen verfügen, muss deutschlandweit um Standorte gerungen werden.

Die Bedeutung der Technologie hat Jödecke soeben im Rathaus hervorgehoben. Besonders jene für die Alltags- und Langstreckentauglichkeit der Elektrofahrzeuge. Binnen zwei Minuten könne man so viel Energievorrat tanken, wie das Modell S von Tesla in 60 Minuten in die Batterie lade: 100 Kilowattstunden. Die starke Komprimierung des Wasserstoffs für die Pkw durch hohen Druck ermögliche lange Reichweiten. Außerdem beanspruchen Elektromobile mit Wasserstofftank nicht das Stromnetz, sagt Jödecke – eine Anspielung auf die weitverbreitete Sorge, dass in ganzen Straßenzügen oder Stadtteilen das Stromnetz kollabieren könnte, wenn zu viele Elektroautos mit Batterie ans Stromnetz gehen. Die Nachfrage nach wasserstoffbetriebenen Elektromobilen sei vorhanden.

Michael Conz sieht schwarz

Der CDU, die das Wasserstoffthema im Rathaus auf die Tagesordnung brachte, würde das gefallen. Gerade an der Wiege des Automobilbaus müssten die Voraussetzungen für die Anwendung dieser Technologie geschaffen werden, meint Alexander Kotz. Besonders schön würde er finden, wenn die AWS eine öffentlich zugängliche Tankstelle einrichtet – so nah am Luftschadstoff-Brennpunkt Neckartor. Auch Björn Peterhoff von den Grünen betrachtet das Brennstoffzellen-Fahrzeug als „unterstützenswerte Technik“, und er sieht in der langsamen Verbreitung eine Parallele zu den vergleichsweise umweltfreundlichen Erdgasfahrzeugen, die sich erstaunlicherweise nie durchgesetzt hätten. Die Linke im Rathaus, sagt dagegen Christoph Ozasek, setze auf eine andere Mobilität. Das Auto habe nämlich immer eine stadtzerstörerische Wirkung – unabhängig vom Antrieb.

Michael Conz von der FDP sieht besonders schwarz. Wenn man schon solche Probleme habe, auch nur einen weiteren Standort für eine Wasserstofftankstelle zu finden, könne man die Idee eines flächendeckenden Netzes vergessen. Und Daimler? „Daimler will diese Autos doch nicht wirklich verkaufen“, sagt Conz, „Daimler will nur Autos mit Verbrennermotoren verkaufen. Alles andere interessiert die nicht.“