Der Absatz von Elektroautos kommt nicht voran. Nun soll eine Studie im Auftrag des Landesverkehrsministerium klären, ob einzelne Fahrspuren abgasarmen Autos und Fahrgemeinschaften vorbehalten sein sollten – und wie das zu kontrollieren wäre.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Im Kampf gegen die Autokolonnen in der Region und die schlechten Luftwerte in der Stadt setzt der Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) darauf, besonders schadstoffarmen Autos oder Fahrgemeinschaften Vorrang einzuräumen. Auf breiten Straßen mit mehreren Fahrstreifen könnte dazu eine Spur für herkömmliche Autos gesperrt werden. Wie sinnvoll die Einrichtung solcher sogenannter Umweltstreifen ist, soll eine Machbarkeitsstudie klären, die das Landesverkehrsministerium in Auftrag geben will. Die Suche nach Sachverständigen läuft europaweit, wie es bei Aufträgen Vorgabe ist, deren Wert mehr als 207 000 Euro beträgt.

 

Die Stoßrichtung der Untersuchung ist eindeutig. „Ziel hierbei ist die Verminderung der Luftbelastung durch eine Reduzierung des Fahrzeugaufkommens und eine Änderung der Flottenzusammensetzung.“ Im Klartext: es sollen weniger und wenn möglich andere Autos fahren.

Wie soll die Privilegierung kontrolliert werden?

In Frage kommen für die freie Fahrt am Stau vorbei Elektro- und Hybridfahrzeuge, Euro-Norm-6-Autos und Vehikel, in denen mehr als ein Mensch sitzt. Der Gutachter soll klären, inwieweit eine solche Privilegierung zur Verbesserung der Luftqualität beitragen kann – und überlegen, wie sich vor Ort kontrollieren ließe, ob wirklich nur die erlaubten Fahrzeuge auf dem Umweltstreifen unterwegs sind. Die Experten haben dabei nicht nur die großen Verbindungen über Land im Auge. „Die Untersuchung schließt mehrstreifige Straßen innerhalb geschlossener Ortschaften ein, da insbesondere die Auswirkungen von Umweltstreifen auf die Verbesserung der Luftqualität innerhalb von Ortschaften ermittelt werden soll“, erklärt eine Sprecherin des Verkehrsministeriums auf Anfrage.

Der Regionalverband und die Stadt Stuttgart seien „nicht zuletzt im Rahmen der aktuell laufenden Arbeiten zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans Stuttgart über die geplante Studie informiert“, erklärt sie. Wolfgang Forderer, der sich im Rathaus mit Fragen der Mobilität beschäftigt, bestätigt, dass das Ministerium den Grundgedanken der Studie schon einmal vorgestellt hat. „Wir hoffen, dass etwas Praktikables dabei herauskommt.“ In der Stadt konnte sich im Jahr 2013 die CDU mit ihrem Vorschlag nicht durchsetzen, die Busspuren für Elektrofahrzeuge zu öffnen. Die Mehrheit im Rathaus befürchtete, den Nahverkehr dadurch auszubremsen. Wolfgang Forderer sagt auch im Hinblick auf die Pläne des Landesverkehrsministeriums: „Wen behindert man dadurch? Jede Privilegierung stellt auf der anderen Seite auch eine Sanktionierung dar.“ Die Stadt beschreitet bei der Förderung der E-Mobilität andere Wege und ermöglicht den Stromfahrzeugen kostenloses Parken. Längerfristiges Ziel müsse aber Verkehrsvermeidung sein. Forderer: „Ein Stau von Elektroautos ist auch ein Stau.“

Viel Kommunikationsbedarf erwartet

Welche Maßnahmen letztlich umgesetzt werden, müsse politisch entschieden werden, sobald gutachterlich festgestellt ist, dass das Instrument „Umweltstreifen“ den gewünschten Erfolg bringt. Ein konkreter Zeitplan lasse sich noch nicht benennen. Das Ministerium geht von erhöhtem Gesprächsbedarf aus. Denn von den 18 Monaten, die die Erstellung des Gutachtens dauern darf, entfallen sechs auf die eigentliche Studie. „In der zweiten Phase von zwölf Monaten ist die Kommunikation und gegebenenfalls die Anpassung der Ergebnisse vorgesehen“, heißt es in der Ausschreibung des Auftrages, für den sich die Gutachter noch bis zu diesem Montag bewerben können.

Ansprechpartner ist nicht das Verkehrsministerium selbst, sondern die landeseigene Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg. Die sei zuständig, weil bei ihr „die notwendigen vergaberechtlichen Fachkenntnisse für Ausschreibungsverfahren vorliegen“, erklärt die Ministeriumssprecherin. Die endgültige Entscheidung, wer das Gutachten erstellt, fällt dann aber wieder im Ministerium.