Jahrzehntelang galt ein Bypass für den ÖPNV an der Landstraße zwischen marbach und Murr nur als Murrer Spezialwunsch. Die Gemeinden im Bottwartal sollen jetzt ihr Ja bei Kosten von einer Million Euro geben.

Fahrgäste schauen verdutzt drein, wenn der Taxi-Unternehmer Jörn-Götz Dahlke ihnen auf dem Weg zum Stuttgarter Flughafen eröffnet: „Sie benutzen ja eine Never-Comeback-Airline: Dann machen wir jetzt noch schnell ein Foto von Ihnen.“ Wenig später blitzt es tatsächlich an der Marbacher Straße in Ludwigsburg. Der Starenkasten der Busspur hat reagiert. Zahlen muss Dahlke aber nicht. „Die Bilder werden aussortiert.“ Jetzt hofft der Erdmannhäuser, dass Taxen auch auf einer Busspur zwischen Marbach und Murr fahren dürfen.

 

Das Projekt ist schon lange im Gespräch, wird aber jetzt konkret

Die Busspur könnte nach aktuellen Planungen im Jahr 2025 entstehen. Sie soll den ÖPNV am notorisch verstopften Nadelöhr beim Murrer Bergkeltertunnel beschleunigen. Die Kommunen Marbach, Murr, Steinheim, Großbottwar, Oberstenfeld und Beilstein wollen den Bypass – bisher aber nur im Grundsatz. Jetzt wird das Projekt konkreter, die Ergebnisse der Planungen liegen vor.

Die Kosten für den Ausbau der Busspur werden auf rund eine Million Euro geschätzt. Kein Pappenstiel. Deshalb müssen die Gemeinderäte zustimmen. Den Anfang macht am kommenden Donnerstag das Oberstenfelder Ortsgremium, einen Tag später ist der Kreistagsausschuss für Umwelt und Technik in Ludwigsburg an der Reihe, am Dienstag darauf wird in Murr der Beschluss gefasst.

Murr strebt eine kurzfristige Verbesserung im Busverkehr an

Zuversichtlich ist der Murrer Bürgermeister Torsten Bartzsch. „Wer den ÖPNV im Bottwartal fördern will, für den kann es nur eine Entscheidung geben.“ Bartzsch hatte im Jahr 2017 den Anstoß gegeben. Damals diskutierten die beteiligten Kommunen eine erneute Untersuchung für eine Stadtbahn durchs Bottwartal. Dem Murrer Ortsoberhaupt dauerte das zu lange. „Wir wollten eine kurzfristige Verbesserung.“

Inzwischen sind sechs Jahre vergangen. Fest steht: Alle Kommunen stehen bisher hinter der Planvariante. Die Trasse entlang des Klärwerks stößt ebenerdig auf die Landesstraße 1100 vor dem Tunnel in Richtung Steinheim. Dort sollen die Busse dann auf die Straße gelangen. Das aber muss gutachterlich ebenso noch untersucht werden wie die Ökologie, die Sicherheit und der Baugrund. Auch der Grunderwerb und Förderanträge für Zuschüsse des Landes stehen auf der To-do-Liste. Das Landratsamt Ludwigsburg schätzt allein die weiteren Planungskosten auf rund 150 000 Euro.

Das Land könnte 75 Prozent der Baukosten übernehmen

Noch nicht ganz geklärt ist, wie hoch die Kosten für die Kommunen sind. Bei einer optimalen Förderung übernähme das Land rund 75 Prozent der Baukosten – die für sich betrachtet bei 550 000 Euro liegen. Der Landkreis rechnet aber dazu noch mit weiteren Kosten von 100 000 Euro für eine Ampelanlage sowie 250 000 Euro für „Unvorhergesehenes“ wie Ausgleichsmaßnahmen und Grunderwerb und eben den 150 000 Euro Planungskosten – was summa summarum die eine Million Euro ergibt.

Wie aber teilen sich der Landkreis und die Kommunen ihren Anteil an dem Millionen- Projekt? Hier schlägt das Landratsamt eine 50-zu-50-Prozent-Lösung zwischen Kreis und den sechs Kommunen vor. Die Städte und Gemeinden wiederum teilen sich ihren Anteil an den 50 Prozent nach ihren Einwohnerwerten. Die Ausnahme bildet Marbach, das als Zielbahnhof einem Sonderstatus unterliegt und sich trotz eines hohen Einwohneranteils pauschal nur mit 10 Prozent beteiligen soll. Die restlichen 40 Prozent teilen sich die anderen fünf Kommunen. Murr müsste sich demnach mit 15,32 Prozent, Steinheim mit 29,61 Prozent, Großbottwar mit 20,24 Prozent, Oberstenfeld mit 19,58 Prozent und Beilstein mit 15,25 Prozent an Bau und Unterhalt der Busspur beteiligen.

Gemeinde Oberstenfeld wäre im Jahr 2024 mit rund 10 800 Euro dabei

Was heißt das aber konkret für eine Gemeinde wie Oberstenfeld? Auf sie käme nach den Berechnungen des Landkreises Ludwigsburg im Haushalt 2024 eine Summe von rund 10 800 Euro zu. Marbach müsste rund 6000 Euro zahlen – die anderen Kommunen zusammen rund 45 000 Euro. Die Verteilungssätze werden noch in einem öffentlich-rechtlichen Vertragswerk festgehalten.

Ob mit dem Bau der Busspur auch wirklich im Jahr 2025 begonnen werden kann, hängt nicht nur vom Ja aus allen Gemeinderäten und des Kreistagsausschuss ab – das Land muss das Projekt bis zum Frühjahr 2024 auch noch in das Förderprogramm des Gemeindeverkehrswegefinanzierungsgesetz (GVFG) aufnehmen.

Den Klimaschutz im Blick hat die Beilsteiner Bürgermeisterin Barbara Schoenfeld: „Der ÖPNV muss unbedingt unterstützt werden, damit wir unsere Klimaziele erreichen können.“ Im Verhältnis zur Fahrt mit dem Auto zahle jede Busfahrt positiv auf den geringeren CO2-Ausstoß ein. Die Reisegeschwindigkeit speziell im Berufsverkehr sollte akzeptabel sein. Das Thema werde sie im April dem Gemeinderat vorlegen.

Wie verträgt sich die Busspur mit der Bewertung einer Stadtbahn?

Vorgeschichte
Unter der Regie des Landratsamtes Ludwigsburg hatten die sechs Städte und Gemeinden bereits in den Jahren 2018 Ampelschaltungen und andere Faktoren der Buslinie von Marbach nach Beilstein optimiert. Nun soll die Busspur auf der bereits vorhandenen Straße entlang des Gruppenklärwerks Häldenmühle wertvolle Minuten Zeitersparnis bringen.

Stadtbahn
Auf den Kosten-Nutzen-Effekt einer Stadtbahn von Marbach über Beilstein nach Heilbronn hat die Busspur nach Angaben des Landratsamtes Ludwigsburg keinen Einfluss. Denn die Spur diene nur dazu, bestehende Fahrzeiten zu stabilisieren und schaffe keine neuen. Damit würden also die Parameter für die standardisierte Bewertung nicht geändert.