Mit Hochdruck soll die Niederflur-Stadtbahn für Ludwigsburg geplant werden. Der Landrat Rainer Haas hat jetzt einen ungewöhnlichen Vorschlag gemacht: einen Tunnel unter dem Bahnhof.

Ludwigsburg - Es ist ruhig geworden in der lange Zeit heftig geführten Stadtbahn-Debatte. Im neuen Jahr wird das Thema aber wieder mit aller Macht auf die Agenda drängen. Denn im Landratsamt will man möglichst schnell die Niederflurbahn von Remseck bis Markgröningen planen – und hat dabei eine kühne Variante ersonnen, um den Ludwigsburger Bahnhof zu passieren: einen Tunnel.

 

Eine viel zu teure Schnapsidee? Keinesfalls, betont der Landrat Rainer Haas. „Im Vergleich zu den gesamten Kosten fällt das kaum ins Gewicht“, sagt der Kreischef. Denn der Tunnel würde relativ kurz werden: Beginnend beim Jobcenter soll er unter der Leonberger Straße verlaufen und dann bei der Solitudestraße in den bestehenden Autotunnel einbiegen. Die Fahrgäste würden in einer unterirdischen Haltestelle unter dem Ludwigsburger Bahnhof aussteigen, dann würde die Bahn weiter Richtung Weststadt gondeln.

Haas: Tunnel schont das barocke Stadtbild

Damit wären aus Sicht des obersten Kreispolitikers gleich eine ganze Reihe von Problemen gelöst: Am jetzt schon vollen Busbahnhof ZOB gäbe es kein Gedränge. „Und das barocke Stadtbild würde nicht durch Bahnschienen beeinträchtigt“, meint Haas. Er drückt aufs Tempo: Sobald der Förderbescheid des Stuttgarter Verkehrsministeriums da ist, will er mit der Planung für die Bahn loslegen. Dazu soll im neuen Jahr extra ein Verkehrsplaner eingestellt werden.

Die Niederflurbahn soll sogar noch weitere Kommunen über die bisher gedachte Linie von Remseck nach Markgröningen einbeziehen. Haas dazu: „Wenn wir schon ein eigenes System in Konkurrenz zur Stuttgarter Stadtbahn gründen, dann sollte es ein großes Netz werden.“

Nun sieht man die neueste Tunnel-Idee im Ludwigsburger Rathaus allerdings skeptisch, um es vorsichtig zu formulieren. Allerdings will man sich nicht zu der Qualität des überraschenden Vorstoßes äußern, der OB Werner Spec lässt seinen Sprecher Peter Spear ausrichten: „Wir bewerten den Vorstoß lediglich in der Sache.“

Die Stadt hält Bahntunnel für unrealistisch

Ein Bahntunnel sei schon vor einigen Jahren geprüft und als unrealistisch wieder verworfen worden. Das gelte auch für die Idee, den Autotunnel unter dem Bahnhof zu nutzen. Spear sagt: „Dann müssten 8000 Fahrzeuge täglich über die Solitudeallee umgeleitet werden. Auch das ist unrealistisch.“ Mit der Stadtverwaltung sei der Vorschlag von Haas bislang nicht abgestimmt, man warte darauf, dass der Landrat dieses „in die Gesprächsformate einbringt“, sagt Peter Spear. Also etwa in den gemeinsamen Lenkungskreis zu den Bahnprojekten.

Stellt dieser Dissens den mühsam im Frühjahr gefundenen Kompromiss infrage, wonach der Landkreis die Niederflurstadtbahn plant und die Stadt die BRT-Schnellbusse sowie weitere Bahnlinien nach Esslingen oder Leonberg? Der Landrat sieht den Vorstoß lediglich als Vorschlag, die Lage am Bahnhof zu entzerren. „Die Idee ist nicht neu“, betont er. Im Rathaus will man dazu nichts weiter sagen.

Schnellbusse sollen 2018 geplant werden

So planen beide Seiten vor sich hin, wie es im April in einem Kompromiss vereinbart wurde. „Doppelstrategie“ nennt sich dieses Prozedere. Beide Seiten betonen, „mit Hochdruck“ an ihrer Lösung zu arbeiten. Die Stadt will für die Schnellbuslinien noch im ersten Halbjahr 2018 eine Verkehrssimulation vorstellen, um dann über mögliche Trassen zu diskutieren. Allerdings ist bei der ersten geplanten Verbindung zwischen Ludwigsburg und Remseck bereits Widerstand zu erkennen: Die Ludwigsburger Nachbarstadt wehrt sich standhaft gegen Pläne, auf ihrer Markung einen Schnellbus fahren zu lassen. Doch der Ludwigsburger Stadtsprecher Peter Spear ist optimistisch: „Wir kommen gut voran.“

Noch weniger konkret sind die Ideen ausgearbeitet, neue Bahnverbindungen über den Landkreis hinaus zu schaffen. Auch hier sieht man sich im Ludwigsburger Rathaus gut gerüstet – und hofft auf zusätzliches Geld durch den Dieselgipfel im Kanzleramt, an dem OB Spec teilgenommen hat. Fazit: Gesprochen und geplant wird viel, allerdings wenig miteinander.