Verkehrsminister Dobrindt verständigt sich mit der EU-Kommission auf eine europarechtskonforme Version der Abgabe.

Stuttgart - Überraschende Wende im Dauerstreit um die „Ausländer-Maut“: Nur fünf Wochen nach der Klage der EU-Kommission gegen die aus ihrer Sicht diskriminierende Abgabe vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) hat sich die Brüsseler Behörde mit dem Bundesverkehrsministerium im Grundsatz auf eine modifizierte, europataugliche Fassung des deutschen Gesetzes verständigt. „Wir sind sehr zuversichtlich, dass die Einigung mit der EU-Kommission im November steht“, sagte ein Ministeriumssprecher. Die trotz der juristischen Schritte weitergelaufenen Gespräche zwischen Kommissionschef Jean-Claude Juncker und Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) seien „auf gutem Weg, um eine Lösung zur Frage der Pkw-Maut herbeizuführen“. In den Verhandlungen seien „sehr weitreichende Fortschritte gemacht worden“.

 

Die CSU-Forderung nach einer Abgabe „für Reisende aus dem Ausland auf deutschen Autobahnen“ hatte es nach der Bundestagswahl 2013 als „Infrastrukturabgabe“ in den Koalitionsvertrag geschafft, aber viel Empörung ausgelöst. Hauptgrund dafür war, dass zwar auch Bundesbürger sie bezahlen sollen, die Kosten aber 1:1 über die Kfz-Steuer zurückerhalten sollten. Diese Benachteiligung war von Nachbarstaaten und schließlich auch von der Brüsseler Kommission beanstandet worden.

In drei Punkten muss eine Änderung erfolgen

Die Grundsatzeinigung mit Dobrindts Ministerium sieht nun nach Informationen dieser Zeitung vor, dass an drei Punkten Änderungen erfolgen müssen, damit die EU-Kommission ihre Klage vor dem EuGH zurückzieht: So soll zusätzlich eine günstige Wochenendvignette eingeführt werden, nachdem für Ausländer bisher nur Zehn-Tages- und Zwei-Monats-Plaketten vorgesehen sind. Neben diesen Kurztrips über die Grenze solle es auch für regelmäßige Pendler nach Deutschland billiger werden. Dem Vernehmen nach soll die Zehn-Tages-Vignette dann nur noch 2,50 Euro kosten – bisher war je nach Größe und Umweltfreundlichkeit des Autos mindestens das Doppelte vorgesehen. Zudem ist die 1:1-Kompensation über die Kfz-Steuer für Inländer vom Tisch: Die EU-Kommission akzeptiert zwar generell, dass es eine Steuerentlastung geben darf – aber nur wenn diese sich an den Umweltwerten des Fahrzeugs orientiert.

Sollte die Grundsatzeinigung tatsächlich formalisiert werden, müsste der Bundestag erneut abstimmen und das Gesetz ändern, das er am 27. März des Vorjahres gegen den erklärten Unwillen des Koalitionspartners SPD und teils auch der CDU beschlossen hatte. „Wir waren immer überzeugt, dass die Pkw-Maut mit Europarecht vereinbar ist“, sagte der CDU-Verkehrspolitiker Steffen Bilger: „Über einzelne Ausgestaltungen der Infrastrukturabgabe kann man sicher diskutieren.“ Sollte auch die SPD den Änderungen zustimmen, käme die Pkw-Maut doch noch, deren Start zuerst für Anfang 2016 vorgesehen war. – Kommentar: Kraftmeierische Geste