Pünktlich zum Ende des Ultimatums, das Verkehrsminister Winfried Hermann dem Bahnvorstand zum Jahreswechsel gestellt hat, sagt der Bahn-Vorstand das Lenkungskreistreffen ab. Hermann und Stuttgarts OB Kuhn kritisieren das Vorgehen der Bahn.

Stuttgart - Pünktlich zum Ende des Ultimatums, das Verkehrsminister Winfried Hermann dem Bahnvorstand zum Jahreswechsel per Brief gestellt hatte, ist am Donnerstag das Antwortschreiben eingegangen. Die Bahn werde die gewünschten Unterlagen zusammenstellen und auch die aufgeworfenen Fragen schriftlich beantworten, teilt der Bahn-Technikvorstand Volker Kefer darin mit. „All dies ist uns jedoch bis zu dem von Ihnen gewünschten Termin nicht möglich, sondern wird bis Ende Januar dauern.“

 

Angemahnt hatte Hermann die Unterlagen – darunter auch die Risikoliste des ehemaligen Projektleiters Hany Azer – mit Blick auf das nächste Lenkungskreistreffen bis spätestens 10. Januar. Die Sitzung war ursprünglich für den 21. Januar angesetzt worden, nun schlägt die Bahn angesichts der aktuellen Umstände vor, das Treffen der Projektpartner auf Ende Februar zu verschieben. Damit habe das Ministerium auch Zeit für die turnusmäßige Prüfdauer der Unterlagen von drei Wochen, so Kefer.

OB Fritz Kuhn besteht auf dem Termin

Verkehrsminister Hermann sieht die „eigenmächtige Absage der Bahn“ als „eine erneute Missachtung der Rechte auf umfassende Information“. Die Bahn habe damit zum wiederholten Mal die Chance vertan, für die dringend notwendige Klarheit bei dem Projekt zu sorgen, so der Grünen-Politiker. Mit der Entscheidung, dem Land als Projektpartner innerhalb der vorgesehenen Frist keine substanziellen und nachvollziehbaren Unterlagen zu der drastischen Kostensteigerung und den Risiken bei dem Milliardenprojekt zur Verfügung zu stellen, verletze die Bahn systematisch ihre Pflichten aus den Finanzierungsverträgen und der Geschäftsordnung des Lenkungskreises.

Wenig erfreut über die Absage der Bahn ist auch Stuttgarts neuer Oberbürgermeister Fritz Kuhn. „Es ist bedauerlich und befremdlich, dass die Bahn nicht in der Lage ist, Informationen für die Projektpartner rechtzeitig zu liefern. Das muss sich ändern“, so der Grünen-Politiker, der in dieser Sache nicht nachgeben will, wie er betont: „Auf den Termin am 21. Januar bestehe ich.“ Man müsse eine offene Aussprache darüber führen, wie künftig Transparenz gewährleistet werden kann. „Vielleicht ist die Bahn in der Lage, uns beim Treffen mündlich auf den Informationsstand des Aufsichtsrats zu bringen.“

Land kann die Absage nicht nachvollziehen

Gewichtigster Grund für die Verschiebung des Treffens ist laut Bahn, dass der Aufsichtsrat des Staatskonzerns erst umfassend über die Details der prognostizierten Mehrkosten informiert werden müsse, so Projektsprecher Wolfgang Dietrich. Der Bahnvorstand hatte Mitte Dezember Mehrkosten in Höhe von 1,1 Milliarden Euro eingeräumt und vorgeschlagen, diese selber zu übernehmen. Zusätzlich bestehen laut Bahn Projektrisiken in Höhe weiteren 1,2 Milliarden Euro, die von den Projektpartnern mit abgesichert werden sollen. Das Kontrollgremium der Bahn muss nun auf seiner nächsten Sitzung darüber entscheiden, ob es dem Vorschlag des Vorstands folgt. Falls der Konzern die Mehrkosten übernimmt, würde der Kostendeckel von 4,5 auf dann 5,6 Milliarden Euro angehoben werden.

Der von der Bahn angebotene Termin für den Lenkungskreis in der letzten Februarwoche ist aus Sicht des Landes zu spät. „Es kann doch nicht sein, dass die Führung der Bahn auch vier Wochen nach der Sitzung des DB-Aufsichtsrates nicht bereit ist, die Projektpartner umfassend zu informieren“, so Hermann. Die Begründung der Absage sei nicht nachvollziehbar. Man müsse sich fragen, wie die Bahn ihren Aufsichtsrat informiere.

Aufsichtsrat will im Februar zusammenkommen

Laut Projektsprecher Dietrich werden die 20 Mitglieder des Aufsichtsrats derzeit laufend mit Einzelheiten über die Progosen und Risiken versorgt. Dazu hat der Aufsichtsrat im Januar mehrere Arbeitstreffen anberaumt, aus thematischen Gründen getrennt in eine Gruppe mit Arbeitnehmervertretern und eine mit Anteilseignern. Zur offiziellen Sitzung wird das Kontrollgremium erst im Februar zusammenkommen. Angesichts der Tragweite der Entscheidung wird es nach Einschätzung der Experten vielleicht auch bis März dauern.