Die Autoindustrie redet derzeit fast nur von vernetzten Autos. Der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann erinnert sie an den vorangegangenen Hype: Elektroautos.

Stuttgart - Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) fordert von der Automobilindustrie, sich stärker auf den Umwelt- und Klimaschutz zu konzentrieren – statt nur noch über vernetzte Autos zu reden, so wie gerade bei der IAA. Den Plan der Bundes-Grünen, Kaufprämien für E-Autos einzuführen, sieht er mit gewisser Skepsis.

 
Die Bundes-Grünen sind dafür, dass der Staat den Kauf von Elektroautos mit 5000 Euro honoriert. Warum soll der Steuerzahler den Verkauf von Autos subventionieren?
Die Bundestagsfraktion der Grünen sagt zugleich, dass die staatliche Kaufprämie von den Fahrzeughaltern finanziert wird, die klimaschädliche Wagen fahren. Es handelt sich um einen Kaufanreiz, für den nicht der Staat aufkommt, sondern diejenigen, die Spritschlucker fahren.
Unterstützen Sie den Vorstoß?
Für mich macht eine Kaufprämie dann Sinn, wenn dies mit einer Änderung der Kfz-Steuer einhergeht und die Kaufprämie über eine Umlage finanziert wird. Erfolgversprechender als eine Kaufprämie ist unser Vorschlag, die Abschreibungsbedingungen für elektrische Firmenwagen zu verbessern.
Bahnfahrer und Nutzer des öffentlichen Nahverkehrs, die ebenfalls umweltfreundlich unterwegs sind, bekommen vom Fiskus keinen Zuschuss. Ist die Subvention für E-Autos nicht willkürlich?
Deshalb sage ich: Eine Kaufprämie ist nur zu rechtfertigen, wenn sie von den anderen Autofahrern bezahlt wird. Ansonsten schaffen wir Gerechtigkeitsprobleme. Da ich nicht glaube, dass wir die Mehrheiten für eine Änderung der Kfz-Steuer bekommen, sehe ich die Kaufprämie mit Skepsis. Wichtiger ist, dass der Staat die Ladeinfrastruktur ausbaut und bessere Abschreibungsmöglichkeiten für gewerbliche E-Flotten schafft. Das würde den Gebrauchtwagenmarkt mit mehr E-Autos versorgen. Bund, Länder und Kommunen müssen auch selbst mit gutem Beispiel vorangehen und auf Elektroautos umsteigen.
Die Elektromobilität kommt nur langsam voran. Das Ziel von einer Million E-Autos bis 2020 ist kaum zu erreichen. Was müssen Hersteller anders machen?
Die Autoindustrie sollte jetzt nicht einfach den nächsten Hype entfachen. Mich ärgert ein bisschen, dass die Hersteller zurzeit vor allem das autonome Fahren in den Vordergrund stellen. Im teilautomatisierten Fahren liegen sicherlich Chancen, ich denke hier etwa an die Sicherheit und die Stauvermeidung. Ich warne aber vor einer „Vergoogelung“ unseres Denkens. Bei aller Euphorie geraten die wichtigen Themen, um die wir uns kümmern müssen, schnell in Vergessenheit: das sind Umwelt- und Klimaverträglichkeit. Hier spielt die Elektromobilität eine wichtige Rolle. Die Industrie könnte mit attraktiven Angeboten mehr Nachfrage schaffen. Bisher ist zum Beispiel beim Leasing ein konventionelles Luxusauto mit hohem Verbrauch um einiges günstiger als ein bescheidenes Elektroauto.