Mit der „Variante di Valico“, wie die neue Trasse offiziell heißt, ist der Apennin als Verkehrshindernis definitiv überwunden. Bereits seit sechs Jahren rasen die „Roten Pfeile“, die Hochgeschwindigkeitszüge der italienischen Staatsbahnen, mit 250 Stundenkilometern durch den Berg. Von ihrer 78,5 Kilometer langen Schienenstrecke zwischen Bologna und Florenz verlaufen 73,8 Kilometer unterirdisch – zum Vergleich: der Eurotunnel unter dem Ärmelkanal ist nur 50,5 Kilometer lang; der Gotthard-Basistunnel in der Schweiz, der 2016 eröffnet werden soll, misst 57 Kilometer. Aus dem Hauptbahnhof von Bologna ist für Italiens Hauptverkehrszüge   längst eine U-Bahnstation geworden; auch von Florenz werden die Reisenden binnen weniger Jahre nichts mehr sehen. Das Projekt dort unterquert die Medici-Stadt und schaltet deren Sackbahnhof in ähnlicher Weise aus wie „Stuttgart 21“.

 

Der Neubau der Schienenstrecke zwischen Bologna und Florenz hat allerdings im zuvor dicht bewaldeten Apennin zu gewaltigen Umweltschäden geführt: um die Riesentunnels bauen zu können, wurde der Grundwasserspiegel um mehr als 200 Meter abgesenkt; damit trockneten zahlreiche Quellen und 60 Kilometer Bäche aus; andere wurden unter Millionen Kubikmeter Aushubmaterial verschüttet; viele Dörfer saßen auf dem Trockenen; Bauern verloren ihre Wälder, ihre Weiden, ihre Existenz.

Für die Umweltschäden muss niemand haften

Zwar wurden die Chefs der Baukonzerne zu Schadenersatz und zu Haft von bis zu viereinhalb Jahren verurteilt – aber nur für das unsachgemäße Lagern von Erdreich; die zum Zeitpunkt des Urteilspruchs schon verjährten und bis heute nur teilweise behobenen Wasserschäden blieben ungesühnt. Um Desaster wie dieses zu vermeiden, flankierten die Toskana und die Emilia-Romagna als die betroffenen Regionen den Autobahnbau mit einer eigenen „Umwelt-Beobachtungsstelle“. Das war anscheinend erfolgreich, denn von größeren Folgeschäden ist nichts bekannt geworden. Auch gab es von lokalen Einsprüchen gegen Einzelheiten des Trassenverlaufs kaum Protest gegen die neue Autobahn.

Das ist umso erstaunlicher, als ein anderes großes italienisch-europäisches Verkehrsprojekt ein Ziel von fortwährenden Großdemonstrationen und sogar Anschlägen geworden ist, geradezu ein Symbol des italienischen Allgemein-Protests: die bereits begonnene Hochgeschwindigkeitsstrecke der Bahn von Turin durch die Westalpen ins französische Lyon. Sie stellt einen Teil des europäischen West-Ost-Korridors dar, führt ebenfalls weitgehend durch Tunnels – und sticht   Gebirgsmassive an, die Asbest und Uran enthalten. Angst vor einer Freisetzung dieser Materialien erklärt die Proteste indes nicht vollständig. Sie sind eher Zeichen des allgemeinen Auflehnungswillens.

Dieser ist beim nächsten Gebirgsloch schon wieder viel schwächer ausgeprägt: der Brenner-Basistunnel wird derzeit ohne große Schlagzeilen zwischen Bozen und Innsbruck vorangetrieben; 2026 soll er in Betrieb gehen. Bis dahin ist dann womöglich auch der europäische Nord-Süd-Korridor für Autos fertig. Ministerpräsident Renzi hat angekündigt, nach dem Apennin wolle Italien sich verstärkt um jene Autobahn kümmern, die von Neapel/Salerno aus hinab in die Stiefelspitze führt, nach Reggio Calabria. Ihr Ausbau gilt als ewiges Werk: das Gelände ist teils noch schwieriger als der Apennin, und an den chronischen Verzögerungen sind „da unten“ immer auch   sachfremde Faktoren beteiligt: Bestechung und Mafia.

Mit der „Variante di Valico“, wie die neue Trasse offiziell heißt, ist der Apennin als Verkehrshindernis definitiv überwunden. Bereits seit sechs Jahren rasen die „Roten Pfeile“, die Hochgeschwindigkeitszüge der italienischen Staatsbahnen, mit 250 Stundenkilometern durch den Berg. Von ihrer 78,5 Kilometer langen Schienenstrecke zwischen Bologna und Florenz verlaufen 73,8 Kilometer unterirdisch – zum Vergleich: der Eurotunnel unter dem Ärmelkanal ist nur 50,5 Kilometer lang; der Gotthard-Basistunnel in der Schweiz, der 2016 eröffnet werden soll, misst 57 Kilometer. Aus dem Hauptbahnhof von Bologna ist für Italiens Hauptverkehrszüge   längst eine U-Bahnstation geworden; auch von Florenz werden die Reisenden binnen weniger Jahre nichts mehr sehen. Das Projekt dort unterquert die Medici-Stadt und schaltet deren Sackbahnhof in ähnlicher Weise aus wie „Stuttgart 21“.

Der Neubau der Schienenstrecke zwischen Bologna und Florenz hat allerdings im zuvor dicht bewaldeten Apennin zu gewaltigen Umweltschäden geführt: um die Riesentunnels bauen zu können, wurde der Grundwasserspiegel um mehr als 200 Meter abgesenkt; damit trockneten zahlreiche Quellen und 60 Kilometer Bäche aus; andere wurden unter Millionen Kubikmeter Aushubmaterial verschüttet; viele Dörfer saßen auf dem Trockenen; Bauern verloren ihre Wälder, ihre Weiden, ihre Existenz.

Für die Umweltschäden muss niemand haften

Zwar wurden die Chefs der Baukonzerne zu Schadenersatz und zu Haft von bis zu viereinhalb Jahren verurteilt – aber nur für das unsachgemäße Lagern von Erdreich; die zum Zeitpunkt des Urteilspruchs schon verjährten und bis heute nur teilweise behobenen Wasserschäden blieben ungesühnt. Um Desaster wie dieses zu vermeiden, flankierten die Toskana und die Emilia-Romagna als die betroffenen Regionen den Autobahnbau mit einer eigenen „Umwelt-Beobachtungsstelle“. Das war anscheinend erfolgreich, denn von größeren Folgeschäden ist nichts bekannt geworden. Auch gab es von lokalen Einsprüchen gegen Einzelheiten des Trassenverlaufs kaum Protest gegen die neue Autobahn.

Das ist umso erstaunlicher, als ein anderes großes italienisch-europäisches Verkehrsprojekt ein Ziel von fortwährenden Großdemonstrationen und sogar Anschlägen geworden ist, geradezu ein Symbol des italienischen Allgemein-Protests: die bereits begonnene Hochgeschwindigkeitsstrecke der Bahn von Turin durch die Westalpen ins französische Lyon. Sie stellt einen Teil des europäischen West-Ost-Korridors dar, führt ebenfalls weitgehend durch Tunnels – und sticht   Gebirgsmassive an, die Asbest und Uran enthalten. Angst vor einer Freisetzung dieser Materialien erklärt die Proteste indes nicht vollständig. Sie sind eher Zeichen des allgemeinen Auflehnungswillens.

Dieser ist beim nächsten Gebirgsloch schon wieder viel schwächer ausgeprägt: der Brenner-Basistunnel wird derzeit ohne große Schlagzeilen zwischen Bozen und Innsbruck vorangetrieben; 2026 soll er in Betrieb gehen. Bis dahin ist dann womöglich auch der europäische Nord-Süd-Korridor für Autos fertig. Ministerpräsident Renzi hat angekündigt, nach dem Apennin wolle Italien sich verstärkt um jene Autobahn kümmern, die von Neapel/Salerno aus hinab in die Stiefelspitze führt, nach Reggio Calabria. Ihr Ausbau gilt als ewiges Werk: das Gelände ist teils noch schwieriger als der Apennin, und an den chronischen Verzögerungen sind „da unten“ immer auch   sachfremde Faktoren beteiligt: Bestechung und Mafia.