Im Schlossgarten ist der zweite Teil der Verkehrssicherheitskampagne der Landeshauptstadt „Miteinander läufts besser“ gestartet worden.

Zwei Mütter mit Kinderwagen beim Mittagsspaziergang im Unteren Schlossgarten auf Höhe des großen Spielplatzes. Ihnen kommen zwei Frauen entgegen, die gerade ihre Mittagspause im Grünen verbringen. Der Weg ist breit, genug Platz also für alle – wenn nicht in dem Moment ein Radfahrer mit beachtlicher Geschwindigkeit und ohne abzubremsen oder zu klingeln sich im letzten Moment zwischen den Fußgängerinnen durchschlängeln würde. Solche Szenen sind auf den von Fußgängern und Radfahrern gemeinsam genutzten Wegen im Schlossgarten öfter zu beobachten. Genau da setzt der zweite Teil der Stuttgarter Verkehrssicherheitskampagne „Miteinander läufts besser“ an.

 

„Rad nimmt Rücksicht“ ist jetzt an insgesamt 50 Stellen auf Fuß- und Radwegen im Stadtgebiet zu lesen, auf den Wegen im Schlossgarten gut sicht- und lesbar in grellgelber Farbe mit umweltfreundlicher Sprühkreide aufgesprüht. Ziel ist, Radfahrer zu rücksichtsvollem Fahren anzuhalten, also beispielsweise im Bereich des großen Spielplatzes oder des Grillplatzes im Schlossgarten die Geschwindigkeit anzupassen, beim Überholen von Fußgängern einen ausreichenden Sicherheitsabstand zu halten oder vor dem Überholen von Fußgängern, die in die gleiche Richtung unterwegs sind, diese frühzeitig per Klingeln vorzuwarnen.

Beschwerden von Fußgängern

Der Bürgermeister für Sicherheit, Ordnung und Sport, Clemens Maier, sagte zum Kampagnenstart am Montag im Schlossgarten: „Wir beobachten seit geraumer Zeit, dass die Beschwerden von Fußgängern über Radler, die sich nicht an die Straßenverkehrsregeln halten, zunehmen. Die Einhaltung der Verkehrsregeln und gegenseitige Rücksichtnahme ist aber für alle Verkehrsteilnehmer oberstes Gebot für ein gutes und sicheres Miteinander im Straßenverkehr.“

Sein Kollege Peter Pätzold, Bürgermeister für Städtebau, Wohnen und Umwelt und selbst Rennradfahrer, ergänzte: „Man muss hier nicht mit 30 auf seinem Rennrad durch den Schlossgarten fahren, schon gar nicht im Spielplatzbereich.“ Pätzold sagte auch, dass die Rücksicht-Kampagne natürlich nicht die Bemühungen der Stadt für einen besseren Ausbau der Radinfrastruktur in der Innenstadt ersetze. Allerdings ließen sich die unterschiedlichen Verkehrsflüsse, in dem Fall also der Fuß- und Radverkehr, aus Platzgründen oft nicht trennen, Wege müssten also gemeinsam genutzt werden. Und dafür sei die gegenseitige Rücksichtnahme notwendig. Pätzold: „Wenn alle Rücksicht nehmen, hat man weniger Streit, weniger Stress, weniger Probleme.“

Der Leiter der Verkehrsinspektion des Polizeipräsidiums Stuttgart, Michael Saur, wies darauf hin, dass die Radstaffeln der Polizei für das Jahr 2022 massiv verstärkt worden seien. Durch die größere Präsenz und die gezielte Ansprache auch von Radfahrern im Schlossgarten will die Polizei darauf hinwirken, dass die Verkehrsregeln besser eingehalten werden. Das sei allerdings eine „Herkulesaufgabe“ in Stuttgart, sagte Saur.

Auch mal „Danke“ sagen

Auch der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) Stuttgart unterstützt die Kampagne der Stadt, weist aber gleichzeitig auf die Defizite der Radverkehrsinfrastruktur in Stuttgart hin. Zwischen Bad Cannstatt und Stuttgart-Mitte gebe es beispielsweise keine Strecke ausschließlich für Radfahrer. „Entweder kann man zwischen Fußgängerinnen und -gängern im Schlossgarten fahren oder auf die Neckarstraße ausweichen und hier gefährliche Überholmanöver durch den Kfz-Verkehr in Kauf nehmen“, sagte Cornelius Gruner vom ADFC im Schlossgarten. Der ADFC fordert unter anderem getrennte Radwege an der Cannstatter Straße, der Heilbronner Straße und der Pragstraße, um den Alltagsradverkehr aus dem Schlossgarten oder dem Rosensteinpark zu holen.

Gleichzeitig fordert der ADFC aber auch Radfahrer auf, nicht auf Gehwegen zu fahren, die Geschwindigkeit anzupassen, das Smartphone beim Radfahren nicht zu benutzen – und Fußgängern, die Platz machen, auch einmal freundlich „Danke“ zu sagen.