Die Landesregierung legt eine Studie zum Verkehr vor. Die Förderung von Bus und Bahn ist demnach dringlich.

Leonberg - Seit acht Jahren trägt der Grüne Winfried Hermann die ministerielle Verantwortung für den Verkehr in Baden-Württemberg. Dem Klima hat dies aber offenbar nicht geholfen, Denn die Menge der Treibhausgase sind in dieser Zeit gestiegen, nicht gesunken. „Das ist für mich persönlich erschütternd“, sagt der Verkehrsminister. Auch der Autoverkehr hat eher zugenommen.

 

All das zeigt eine neue Studie der Landesregierung, für die rund 35 000 Haushalte in Baden-Württemberg nach ihrem Mobilitätsverhalten befragt wurden. Zum ersten Mal liegen damit Erkenntnisse dazu vor, wie die Menschen im Land von A nach B kommen. Vor allem ländliche Regionen wurden genauer untersucht.

Bei einer Fachtagung in Leonberg (Kreis Böblingen) haben am Montag 150 Experten und Betroffene über die Ergebnisse diskutiert. Aus Lauffen am Neckar (Kreis Heilbronn) ist zum Beispiel Rotraud Schmalzried angereist. „Bei uns enden die Busse an der Landkreisgrenze“, berichtet sie. „Wer in den nächsten Ort jenseits des Kreises fahren will, muss zuerst mit dem Zug nach Heilbronn.“

Ein Vorschlag: 365-Euro-Ticket für das gesamte Land

Das zeigt auch die Studie und belegt, was im Grunde seit langem klar war. Menschen in den großen Städten im Südwesten fahren häufiger mit Bus und Bahn als Menschen auf dem Land. In Zahlen ausgedrückt: In den baden-württembergischen Metropolen hat der Fuß- und Radverkehr einen Anteil von sechs Prozent, das Auto kommt auf 60 Prozent, Bus und Bahn liegen bei 34 Prozent. Auf dem Land machen Bus und Bahn dagegen nur 12 Prozent aus, Autos 84, und Fußgänger und Radler vier.

„Ehrlichkeit tut not“, sagt Robert Follmer vom Bonner Institut für angewandte Sozialwissenschaften, der die Studie erstellt hat. „Noch wächst der Autoverkehr, nicht nur im ländlichen Raum.“ Was also tun? Darüber ging es jetzt bei der Fachtagung in Leonberg.

Einen konkreten Vorschlag hatte Doris Zodel mitgebracht. „Wir schauen immer interessiert zu unseren österreichischen Nachbarn in Vorarlberg“, berichtete die grüne Stadträtin aus Wangen im Allgäu (Kreis Ravensburg). „Die Jahreskarte für das ganze Bundesland kostet dort 365 Euro, und die Züge und Bahnhöfe sind sauber und ordentlich.“ Und sie sieht darin ein Modell für Baden-Württemberg.

Auf dem Weg zur Verkehrswende

Vor allem der Bus- und Bahnverkehr müsse dringend gestärkt werden, das sieht auch der Verkehrsminister so. In Leonberg erinnert er an die angekündigte Verkehrswende des Landes, wonach der Bus- und Bahnverkehr bis 2030 verdoppelt, jede dritte Autofahrt klimaneutral ablaufen und es in den Städten ein Drittel weniger Autoverkehr geben solle – die Voraussetzung dafür, den Ausstoß von Treibhausgasen bis dahin um 30 Prozent zu senken. Gefragt seien vor allem die Kommunen, die bestimmten, wo wie viele Busse fahren. „Die Landkreise haben die Verantwortung und müssen jetzt ran“, sagt Hermann. Auch Kooperationen müssten her, das zeige das Beispiel aus Lauffen.

Ein einheitliches 365-Euro-Ticket für das ganze Land wie in Vorarlberg sei in Baden-Württemberg dagegen nicht möglich. Hier gibt es 22 Verkehrsverbünde, für die die Kommunen zuständig sind. „Die Verkehrsverbünde kann ich nicht abschaffen“, erklärt Hermann. „Wir tun aber alles dafür, dass sie besser kooperieren und fusionieren.“ Konkret fordert der Minister, dass jeder Ort im Land im Stundentakt angebunden werden müsse.