Das Eichamt nimmt jeden Blitzer einmal im Jahr unter die Lupe, und endeckt nur wenige Abweichungen. Mit 22 Fahrzeugen in zivilen Farben stellt die Polizei viele der ganz schnellen Autofahrer.

Albstadt - Um schnellen Autofahrern manche Hoffnung gleich vorweg zu nehmen: Dass Geschwindigkeitsmessungen ungenau sind, weil die Geräte unsauber arbeiten, das kommt kaum vor. Die Mitarbeiter der Zweigstellen des zum Tübinger Regierungspräsidium gehörenden Mess- und Eichwesens kontrollieren jedes Gerät von der Laserpistole bis zum Starenkasten jährlich auf seine Messgenauigkeit. „Dabei kommt es nur selten zu Abweichungen“, sagt Michael Döhren, ein beim Eichamt Fellbach angesiedelte Spezialist.

 

Er benennt mögliche Fehlerquellen – und zwar an einer viel befahrenen Steilstrecke im Burladinger Teilort Starzeln (Zollernalbkreis). „Der Schwerlastverkehr, weicher Asphalt oder Frostschäden können Messungen ungenau werden lassen“, sagt Döhren. Das Tempo eines Fahrzeugs wird von drei jeweils einen Meter auseinander liegenden Sensorschleifen unter der Straßenoberfläche erfasst. Gemessen wird von der ersten zur zweiten, von der zweiten zur dritten und von der ersten zur dritten Schleife. Das System gleicht die drei Ergebnisse miteinander ab. Passen sie nicht zusammen, was nicht selten vorkommt, wird der Wert annulliert.

Blitzer machen keine Gewinne

Inkompatible Messungen können von einem Wagen verursacht werden, der stark abbremst oder beschleunigt. Auch witterungsbedingte Einflüsse können zu Verschiebungen im Asphalt und zu Ungenauigkeiten bei den Messwerten führen. „Dann muss die Straße aufgerissen und die Sensoren neu verlegt werden“, sagt Döhren. Mitunter müsse alle fünf Jahre nachgebessert werden.

Die Anlage in Starzeln ist für Autofahrer gut zu erkennen. Ist das nicht schlecht fürs Geschäft? Adrian Schiefer winkt ab. „Wir machen keine Gewinne, die Unterhaltskosten sind höher als die Einnahmen“, sagt der Leiter des Verkehrsamtes im Zollernalbkreis. Die Gewinnmaximierung sei auch nicht das Ziel der Tempoüberwachung. „Wir wollen erreichen, dass an Gefahrenstellen langsamer gefahren wird“, betont er. Einheimische Fahrer wissen rasch, wo die Blitzer stehen, kassiert wird eher von Ortsunkundigen. Schiefer nennt Zahlen: Eine Anlage kostet rund 60 000 Euro, zwei davon hat der Zollernalbkreis angeschafft. Mit ihnen werden wechselweise sechs Messstationen bestückt. Die seit 2012 digital gespeicherten Daten werden alle zwei Wochen per USB-Stick aus den Speichern heruntergeladen und im Landratsamt ausgewertet. Übers Jahr gerechnet sollen rund 50 000 Euro an Einnahmen zusammenkommen, die gesamten Kosten für die Systeme belaufen sich laut Schiefer jährlich auf 80 000 Euro. Die Experten berichten am Rande von einem falschen Blitzer auf der Gemarkung Winterlingen. Der sieht täuschend echt aus, enthält aber nie eine Kamera, sondern oft nisten echte Stare dort. Die Frage, ob eine solche Anlage, die manchen Fuß vom Gas heben lässt, tatsächlich erlaubt ist, bleibt ungeklärt. Das Wort „geduldet“ macht die Runde. Immerhin.

Ertappt in 1000 Meter Entfernung

In Eichamt Albstadt führen Polizisten und Eichspezialisten Geräte zur Tempoüberwachung vor. Distanzmessgeräte Lasergeräte messen das Tempo eines auf sie zu fahrendes Fahrzeug schon auf 1000 Meter Entfernung. Bis es die Ordnungshüter erreicht, bleibt Zeit, Verkehrssünder zu stoppen, zu ermahnen und zu verwarnen. Auch viele Motorradfahrer werden erfasst.

Am Tag des bundesweiten Blitzmarathons, dem 18. September, werden landesweit alle verfügbaren Geräte im Einsatz sein. Dazu gehört auch ein silberner 350er C-Klasse-Mercedes mit einem 231 PS starken Dieselmotor. Er ist mit einem Videoüberwachungssystem ausgestattet und filmt voraus- oder hinterherfahrende Fahrzeuge. „Was unter 130 km/h stattfindet, interessiert uns nicht“, sagt Rainer Daiker, der Fahrer dieses Wagens und spielt auf Bundesstraßen oder Autobahnen mit Tempo 100 an. Über 130 interessiert schon, aber selbst dieser 250 km/h schnelle Mercedes hat mitunter das Nachsehen. „Mit Autos mit vier Auspuffen brauchen wir uns gar nicht anzulegen“, sagt der Polizist achselzuckend. Zu seiner „Kundschaft“, wie er sie nennt, gehörte kürzlich ein Dreier-BMW auf der B 28, der schon auf der Bundesstraße mit mehr als 160 km/h unterwegs war und bei Tempo 50 in einem Baustellenbereich mit 138 km/h gemessen wurde. Und zwar „netto“, das heißt nach Abzug aller Toleranzen. Dem Fahrer droht ein dreimonatiges Fahrverbot und ein Bußgeld von 1340 Euro. Rainer Daiker stoppt die Sünder und spielt ihnen das Video mit ihrer Geschwindigkeitsübertretung vor. „Da ist die Einsicht meistens groß“, berichtet er, „und keiner kann sagen, ich saß gar nicht am Steuer“. Die Ausrede „ich habe es eilig“ sollte stichhaltig begründet sein. In den Daikers Augen war das bei einem Tierarzt der Fall, der einer kalbenden Kuh das Leben retten wollte. Der Beamte begleitete den Veterinär zum Bauernhof und schrieb die Begründung ins Protokoll. Ob die Strafe erlassen wurde, ist dem Polizisten nicht bekannt. Er hofft darauf, das ist seiner verständnisvollen Schilderung zu entnehmen.

Sechs Kennzeichen für einen Mercedes

Acht Videomotorräder und 22 schnelle Wagen sind im Land unterwegs, um Temposünder zu stellen. Wer meint, sich vorsorglich deren Kennzeichen merken zu müssen, braucht ein besonders gutes Gedächtnis. „Für unseren Mercedes haben wir sechs Kennzeichen, die wir immer wieder auswechseln“, sagt Daiker und lächelt.