Die Stuttgarter Verkehrsüberwachung ist der Pilotanwender von neuen, mobilen Blitzern, die mehrere Aufgaben bewältigen. Die Anlagen erkennen sowohl Rotlicht, als auch Geschwindigkeitsverstöße an Kreuzungen.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Bei Joachim Elser stehen die Kollegen aus den umliegenden Städten Schlange: „Alle wollen die neue Anlage sehen, wenn sie da ist.“ Der Leiter der Verkehrsüberwachung erwartet nämlich etwas, was die Kollegen noch nicht gesehen haben: Stuttgart bekommt eine mobile Anlage zur Überwachung von Rotlichtverstößen. So weit er wisse, sei das für Stuttgart bestellte Modell bundesweit das erste, das eingesetzt werde. Seit sechs Wochen stehe das Auto, in das die dazugehörigen Apparate eingebaut werden, beim Hersteller. In etwa zwei Wochen soll der Wagen fertig umgerüstet sein – dann wird er gleich eingesetzt, die Mitarbeiter sind bereits geschult. „Wir haben uns seit letztem Sommer darauf vorbereitet“, sagt Elser.

 

Die neue Anlage erkennt Rotlicht- und Tempoverstöße

Die Stuttgarter Verkehrsüberwachung ist der Pilotanwender des neuen Messsystems, das mehrere Aufgaben bewältigt. Die Anlage erkennt sowohl Rotlicht- als auch Geschwindigkeitsverstöße an Kreuzungen, die keine stationäre Überwachung haben – kann also überall im Stadtgebiet eingesetzt werden. Dazu bedürfe es eines komplizierten Aufbaus, denn ein paar Komponenten der Anlage müssen außerhalb des Wagens an der Kreuzung postiert werden: „Es gibt eine Videokamera, eine Geschwindigkeitsmessung und einen Trigger, der den Messapparat auslöst“, erläutert Joachim Elser. Der sogenannte Trigger sende ein Signal, sobald die Ampel umschalte. Dann ist die Messanlage scharf und misst, wie lange der Autofahrer nach dem roten Signal über die Haltelinie gefahren ist. Ab einer Sekunde ist das ein sogenannter „qualifizierter Verstoß“, der 200 Euro teuer wird und nach neuer Regel zwei Punkte im Flensburger Zentralregister einbringt. Pech hat auch, wer bei Gelb schnell noch Gas gibt, um durchzukommen: Die Messanlage kann auch das erkennen und dann gibt es für den Fahrer eben – wenn das Tempolimit fürs Davonkommen überschritten wurde – einen Strafzettel wegen zu schnellen Fahrens statt wegen eines Rotlichtverstoßes.

Stuttgart bekommt bundesweit den ersten mobilen Ampelblitzer

Die Übertretung wird mit einem Laser gemessen. Der Trigger funktioniert optisch. Damit vereint die Anlage die zwei Grundprinzipien, die in den anderen Blitzanlagen in der Stadt auch eingebaut sind. Ob Laser oder Radar: In beiden Fällen wird der Bereich, in dem sich die Fahrzeuge bewegen, abgetastet. Dabei stellt das Gerät fest, wie weit sich das erfasste Fahrzeug in einer bestimmten Zeit voranbewegt hat. So lässt sich die Geschwindigkeit errechnen. Die grauen, runden Säulen, welche die Stadt von der Firma Vitronic bezieht, an der Cannstatter Straße, am Schattenring und an der Hauptstätter Straße auf Höhe des Kaufhauses Breuninger funktionieren mit Laser. „Sie tasten ab einer Entfernung von 50 Metern zur Säule die Fahrbahn ab, ähnlich wie ein Scanner, mit mehreren 100 Messvorgängen pro Sekunde“, erläutert Elser. Weil die Lasersäulen so früh beginnen, die Fahrzeuge anzumessen, sei Bremsen fast zwecklos, wenn man zu schnell sei und die Säule im Blick habe: „Dann ist das Auto schon erfasst.“ Radar, die Technik in den meisten mobilen Geschwindigkeitsmessanlagen, funktioniere ähnlich. Meist werden diese in Fahrzeugen der Verkehrsüberwachung. Neben den Laseranlagen setzt die Stadt zudem sogenannte Einseitenmesssensoren ein. Das sind die Apparate, die man an den drei nebeneinander in Richtung Fahrbahn zeigenden Röhrchen erkennt, die auf Wadenhöhe am Straßenrand stehen. Diese funktionieren nach dem Prinzip der Lichtschranke. Auch hier wird die Zeit gemessen, die das Fahrzeug zum Zurücklegen der Strecke braucht – und daraus die Geschwindigkeit errechnet.

Blitzer von der Firma Jenoptik, im Volksmund „Starenkästen“ genannt, sind mit Auslösern im Asphalt verbunden. Dazu zählen die stationären Anlagen an der Nürnberger Straße, der Neuen Weinsteige, an der Rotenwaldstraße und an der Neckartalstraße. Der in der Rotenwaldstraße nach der Tankstelle stadtauswärts gut versteckt hinter einem Masten stehende Turm funktioniert gleich wie die auf Pfählen stehenden Masten, sieht nur aufgrund seiner Bauweise aus einzelnen Modulen etwas anders aus. Nicht alle sind immer scharf. Die Verkehrsüberwachung verfügt über halb so viele Messsätze wie Anlagen. Aber wenn sie scharf geschaltet sind, hätten sie eine Trefferquote von weit über 90 Prozent. Sie werden über Kontaktschleifen ausgelöst.

Bürger fordern mehr Überwachung an Ampeln

Wer sich übrigens über die mobile Anlage aufrege, vergesse, dass es oft die Bürger sind, die nach mehr Überwachung rufen, erläutert der Chef der Verkehrsüberwachung. Gerade über Verkehrssündern, die über rote Ampeln fahren oder in 30er-Zonen zu schnell sind, beschweren sich häufig Anwohner und fordern die Überwachung, erläutert Joachim Elser. Rund um Schulen rufen häufig Eltern danach.