Obwohl immer mehr E-Autos auf die Straßen kommen, sind die bisherigen Annahmen, wie viele Ladesäulen nötig sind, überholt, sagt die Strombranche. Eine Ursache findet sich in heimischen Garagen.

Berlin - Der Ausbau des öffentlichen Ladesäulen-Netzes für Elektroautos schreitet in Deutschland rasch voran. Allerdings macht sich in der Strombranche zunehmend der Eindruck breit, dass das Angebot an Ladepunkten schneller wächst als der tatsächliche Bedarf und die Infrastruktur für die Betreiber auf längere Sicht ein Zuschussgeschäft bleiben könnte. Trotz des Absatzbooms bei Elektromobilen sind die vorhandenen Anlagen bei Weitem noch nicht ausgelastet.

 

Wie der Energieverband BDEW am Dienstag in Berlin mitteilte, waren im Februar bundesweit 39 540 öffentliche Ladepunkte in Betrieb. Gegenüber Dezember 2020 kamen damit trotz der Einschränkungen der Coronapandemie rund 3800 öffentliche Ladestellen hinzu. Das Plus betrug also rund zehn Prozent binnen drei Monaten. Im Dezember 2019 waren bundesweit erst 24 000 Ladepunkte in Betrieb. Jede siebte Anlage, die es bereits gibt, ist ein sogenannter DC-Schnellader.

Geld vom Staat

Die Politik strebt an, dass hierzulande bis 2030 insgesamt eine Million öffentliche Ladepunkte installiert werden sollen. Allerdings sei „mehr als fraglich“, ob diese tatsächlich gebraucht werden, sagte am Mittwoch die Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, Kerstin Andreae. Das Ziel basiere auf veralteten Annahmen: Anders als ursprünglich unterstellt brauche es eigentlich gar nicht mehr durchschnittlich einen öffentlichen Ladepunkt für zehn E-Fahrzeuge.

Durch den technischen Fortschritt könnten immer mehr Fahrzeuge schneller laden. Ein Großteil der verkauften E-Autos seien keine reinen Elektrofahrzeuge, sondern Hybride, die eher selten Strom laden.

Außerdem nehme auch die Zahl der privaten Ladepunkte rasant zu, es gebe eine große Nachfrage nach Geld aus dem Förderprogramm des Bundes für die Installation von sogenannten Wallboxen. Bis zum Sommer dürften hierzulande mehrere Hunderttausend private Ladepunkte hinzukommen. Neun von zehn Ladevorgängen von E-Autos finden nach Angaben des BDEW bislang gar nicht an öffentlichen Stellen statt, sondern zu Hause oder am Arbeitsplatz.

Gegen Dauersubventionen

Verbandschefin Andreae sagte, die Strombranche glaube an die Elektromobilität und werde auch weiterhin kräftig in den Ausbau der Lade-Infrastruktur investieren. Die Ausbauziele müssten sich aber „dynamisch“ am tatsächlichen Bedarf orientieren, der durch den weiteren Hochlauf der Elektromobilität entsteht. „Wir wollen kein Dauersubventionsmodell“, sagte Andreae. Der Bund fördert den Ausbau der öffentlichen Lade-Infrastruktur.

Der Markt für Pkw mit Elektroantrieb entwickelt sich in Deutschland rasant, wenngleich der Verbrenner immer noch dominiert. Auch dank üppiger Kaufprämien kamen hierzulande im vergangenen Jahr rund 194 000 reine Stromer neu auf die Straßen, was einem Plus von mehr als 200 Prozent entsprach. Zählt man andere alternative Antriebe wie Plug-in-Hybride hinzu, so erreichte die Zahl der Neuzulassungen von Elektroautos knapp 395 000.