Vor allem weil die Aktien des Energiekonzerns EnBW fallen, sind Baden-Württemberg seit dem Kauf 2,57 Milliarden Euro verloren gegangen. Die Landesregierung muss Geld zuschießen.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Fast sechs Jahre nach dem Rückkauf durch den früheren Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) hat sich der Wert der EnBW-Aktien des Landes Baden-Württemberg nahezu halbiert. Der Anteil von etwa 47 Prozent an dem Karlsruher Energiekonzern, für den Mappus 5,25 Milliarden Euro gezahlt hatte, ist heute nur noch knapp 2,68 Milliarden Euro wert. Gegenüber dem Vorjahr sank der Wert damit angesichts der wachsenden Probleme der EnBW nochmals kräftig um mehr als 700 Millionen Euro. Das geht aus der am Freitag veröffentlichten Bilanz der Landesfirma Neckarpri hervor, die die Aktien des Landes hält.

 

Dabei wurde wie jedes Jahr ein Werthaltigkeitstest vorgenommen, um den Abwertungsbedarf zu ermitteln. Voriges Jahr hatten die damit beauftragten Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young den EnBW-Wert noch auf 3,39 Milliarden Euro beziffert. Für den starken Rückgang um 713 Millionen Euro im Geschäftsjahr 2015/16 werden vor allem drei Gründe genannt. Belastend wirkten zum einen die negativen Entwicklungen am Energiemarkt, so der Verfall der Strompreise und der Erzeugungsmargen der Kohle- und Gaskraftwerke, zum anderen die niedrigen Zinsen, deretwegen die EnBW höhere Rückstellungen besonders für Pensionen bilden muss. Hinzu komme die Einigung über die Kosten des Atomausstiegs, für die die Energiekonzerne Milliarden von Euro in einen Fonds einbringen sollen. Dies führe bei der EnBW zu einem signifikanten Anstieg der Verschuldung, der sich auf die Bewertung auswirke. Die entlastenden Effekte durch die Niedrigzinsen könnten all dies nicht aufwiegen. Da das Land eine Werthaltigkeitsgarantie übernommen hat, muss die Neckarpri keine Abwertung der Anteile vornehmen.

Dividende weiter geringer als Zinsen

Die Landesfirma rutscht derweil immer tiefer in die roten Zahlen. Ihr Verlust erhöhte sich von 50,6 Millionen Euro im Vorjahr auf 53,7 Millionen Euro. Hauptgrund ist die von 69 Cent auf 55 Cent gesenkte Dividende, die die die Erträge von 89,2 auf 71,1 Millionen Euro zurückgehen lässt. Dieser Ertrag reicht nicht mehr annähernd aus, um die Kosten für die Zinsen zu finanzieren; diese stiegen von 134 Millionen Euro leicht auf knapp 135 Millionen Euro. Mappus hatte den Aktienkauf komplett auf Kredit finanziert und versprochen, die Zinsen ließen sich aus der Dividende begleichen. Diese Rechnung geht immer weniger auf.

Als Folge der Entwicklung ist die Neckarpri immer stärker überschuldet. Nach dem Aufzehren des Gewinnvortrags hatte die Landesfirma voriges Jahr erstmals ein „negatives Eigenkapital“ von 11,7 Millionen Euro ausgewiesen. Durch den neuen Verlust erhöht sich dieses nun auf 65,4 Millionen Euro. Die Zinskosten für diese Kredite belasten die Gesellschaft zusätzlich. Ihre Zahlungsfähigkeit und damit ihr Fortbestand ist nur durch die Landesgarantie gesichert. Um durch die Schulden keinen Schattenhaushalt entstehen zu lassen, hatte Finanzministerin Edith Sitzmann angekündigt, der Neckarpri bis zu 123 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt zuzuführen. Der tatsächliche Finanzbedarf für die Firma entscheide sich erst 2017.

Mittelfristig soll die Rechnung aufgehen

„Mittelfristig“ setzt das Land weiterhin darauf, dass die EnBW nach der Neuausrichtung die Zinskosten erwirtschaften wird. Im laufenden Geschäftsjahr 2016/17 wird jedoch erneut ein Fehlbetrag von 52 Millionen Euro erwartet. Dies gelte aber nur, wenn die Dividende konstant bleibe. Jeder Cent weniger erhöhe den Verlust um 1,3 Millionen Euro. Ein „nicht unerhebliches Risiko“ sieht die Neckarpri weiterhin in einem Anstieg der Kreditkosten, auch wenn man sich vorerst dagegen abgesichert habe.