Mit dem richtigen Nachnamen kann man flugs an 18 Millionen US-Dollar kommen. Das kann sich aber auch als Trugschluss erweisen.

Esslingen - Eigentlich dürften die folgenden Zeilen gar nicht geschrieben werden, denn das Thema verträgt das Schnaufen nicht. Niemand darf wissen, dass der Autor demnächst wohl 18 Millionen US-Dollar erbt. Die Aussicht auf den plötzlichen immensen Reichtum gibt es sogar schriftlich, sie ist am Freitag per E-Mail ins Geschäftspostfach geflattert. Ein gewisser Sean H., Direktor und CIO der AMP Capital Multi-Asset Group, schreibt, ein Kunde seiner Bank – er nennt ihn Andrew – sei gestorben und habe das nette Sümmchen auf seinem Konto hinterlassen. Doch es gebe keinen „überlebenden Verwandten“, der ein Recht auf das Geld habe.

 

Aber Seans Recherchen haben ergeben, ich sei möglicherweise Schwesterschwagersmann, weil unsere Nachnamen ähnlich klängen. Deshalb möchte Sean mich „zum einzigen überlebenden Verwandten des toten Kunden machen“ – auf dass der von Andrew Vait, Feidt oder wie auch immer gescheffelte Millionenbetrag nicht zum Ende des nächsten Monats an „die Schatzkammer der australischen Regierung“ zurückgegeben werden muss. Der gewitzte Sean, der den Brief vermutlich über den Google-Übersetzer ins Deutsche transferiert hat, überlässt nichts dem Zufall. Denn eigenem Bekunden nach hat er „alle rechtlichen und bankrechtlichen Vereinbarungen getroffen“, damit die Kohle schnell und reibungslos auf mein Konto gebeamt werden kann.

Eine schnelle Kontaktaufnahme muss sein

Ich muss so schnell wie möglich Kontakt zu Sean aufnehmen, um ihm klar zu machen, dass es mir mit dem Erbe sehr, sehr ernst ist. Denn er „würde eine Antwort nur erwarten, wenn Sie interessiert sind“. Und das bin ich so was von. Den Prospekt mit den Immobilienangeboten von Monaco habe ich vorsichtshalber schon mal studiert.

Bis zum Vollzug sollte das Ganze unter uns bleiben – „streng geheim“, wie Sean betont. Zugegeben: ich habe auch meinen Chef eingeweiht, weil er sich wohl einen neuen Mitarbeiter suchen muss. Dabei hat er mir kalt lächelnd mitgeteilt, auch er sei von Sean angeschrieben worden. Das muss aber ein Missverständnis sein: Holoch klingt nicht mal annähernd wie Veit.