Das Unternehmen Meine Ernte vermietet Gemüsegärten an Hobbygärtner ohne eigenes Land – auch in Baden-Württemberg.

Digital Desk: Ann-Kathrin Schröppel (aks)

Stuttgart - Gartenarbeit verbindet Bewegung an der frischen Luft mit dem Naturerlebnis, inmitten blühender Blumen und frischen Grüns die Früchte seiner Arbeit wachsen zu sehen.

 

Der Wunsch nach dem eigenen Gemüsegarten bleibt für viele Menschen unerfüllt. Die Wohnsituation in Großstädten bietet selten Raum für den Traumgarten und die Wartelisten der Schrebergartenkolonien sind lang. In Stuttgart warten Interessierte bis zu zehn Jahre auf ein städtisches Gartengrundstück. Die Landeshauptstadt verpachtet etwa 4300 Gärten, die alle vergeben sind. Die Warteliste zählt aktuell 1200 Interessenten.

Die Geschäftsidee hinter dem Wunsch nach dem eigenen Stück Grün haben Wanda Ganders und Natalie Kirchbaumer schon früh erkannt. Die Frauen gründeten Ende 2009 ihr Unternehmen Meine Ernte. „Wir geben jedem die Möglichkeit, einen eigenen Gemüsegarten zu bewirtschaften, indem wir Ackerfläche von Landwirten als Mietgärten zur Verfügung stellen“, so Kirchbaumer. Mehr als zwei Dutzend Betriebe in ganz Deutschland seien Teil des Meine-Ernte-Verbundes.

Gewissheit über die Herkunft der eigenen Lebensmittel

„Unsere Firmenidee entstand aus eigenem Bedarf heraus. Wir haben uns intensiv mit dem Thema Ernährung beschäftigt und schnell realisiert, dass man nur bei selbstständigem Anbau Gewissheit über die Herkunft seiner Lebensmittel hat. Wir wollten dann unser eigenes Gemüse großziehen“, erinnert sich Kirchbaumer. Das Projekt sollte zudem zeigen, dass Selbstversorgung Spaß macht und für jeden möglich ist, auch in Großstädten. In Anlehnung an ähnliche Projekte wandten sich die Gründerinnen an einen Biolandwirt nördlich von Bonn. Dort entstand der erste Mietacker von Meine Ernte.

Mittlerweile gibt es Kooperationen von Meine Ernte und lokalen Landwirten in vielen deutschen Großstädten wie Berlin, Hamburg, Frankfurt oder Köln. Seit der Unternehmensgründung haben knapp 29 000 Menschen auf 923 000 Quadratmetern in den Meine-Ernte-Gärten gegärtnert, dies entspricht einer Fläche von etwa 129 Fußballfeldern. Neue Kooperationspartner fragen inzwischen schon von sich aus bei den beiden Unternehmerinnen an. Die sind immer auf der Suche nach neuen Standorten, „am liebsten in Großstädten, da hier der Bedarf am größten ist“. Neue Partner müssen gemüseanbautaugliche Böden, Gartengeräte und ausreichend Wasser zur Verfügung stellen. Dafür bekommen die Landwirte eine feste Vergütung. Alle administrativen Tätigkeiten übernimmt Meine Ernte: Vermarktung, An- und Abmeldung, Abrechnungen und Werbemittel.

Kooperation mit einem Biolandwirt in Stuttgart

In Stuttgart kooperiert Meine Ernte seit 2012 mit dem Biolandwirt Klaus Brodbeck aus Möhringen. „Wir haben über 300 Gärtner bei uns, gerade junge Menschen und junge Familien sind sehr stark vertreten“, sagt Brodbeck. Bei den jungen Eltern, Berufseinsteigern und Studenten seien die Neugier und der Wille, Dinge einfach mal auszuprobieren, immens, weiß der Landwirt. „Viele haben in ihrem unmittelbaren Lebensraum keine Möglichkeit, dem Gärtnern nachzugehen, da sie mitten in der Innenstadt wohnen und es dort keinen Platz für eigene Gärten gibt“, so Brodbeck. Also weichen die Bewohner aus Stuttgart-Mitte, dem Westen und Süden auf die Filderebene aus, zu der auch Stuttgart-Möhringen gehört. In rund 170 Parzellen finden die Gärtner bei Brodbeck Platz für ihre Beete. 2018 stellte er seinen Betrieb auf ökologische Landwirtschaft um und ist seither Mitglied im Bioland-Verband.

Das Unternehmen Meine Ernte bietet den Hobbygärtnern zwei Mietacker-Modelle: Ein kleiner Gemüsegarten mit rund 45 Quadratmetern für bis zu zwei Personen kostet für eine Gartensaison 229 Euro. Der größere Garten misst etwa 90 Quadratmeter und kostet 439 Euro. Die größere Anbaufläche eignet sich für Familien und Gruppen wie Wohngemeinschaften, Arbeitskollegen oder Freunde.

Pächter mit allen Rechten und Pflichten

Eine Gartensaison dauert von Mai bis Oktober, in dieser Zeit dürfen die privaten Pächter die Ackerfläche eigenständig bewirtschaften – mit allen Rechten und Pflichten. Dazu gehören Gießen, Harken, Unkrautjäten, Schädlingsbekämpfung, Gemüsepflanzen und natürlich das Ernten. Die gemieteten Anbauflächen sind in zwei Bereiche unterteilt: Auf einer Hälfte pflanzt der verantwortliche Landwirt anfangs rund 20 Gemüsesorten vorab. Dazu gehören beispielsweise Kartoffeln, Mais, Zwiebeln, Lauch, Bohnen, Karotten, Fenchel, Rote Bete, Mangold, Kohl oder Brokkoli. Auf der restlichen Anbaufläche dürfen die Pächter selbst entscheiden, welche Gemüsesorten sie zusätzlich anbauen möchten. So sei die erfolgreiche Ernte selbst bei Anfängern weitestgehend gesichert, sagt Brodbeck.

Auf umfassende Betreuung legt Meine Ernte großen Wert. Vom wöchentlichen Newsletter über eine Garten-Whatsapp-Gruppe bis hin zu der regelmäßigen Sprechstunde vor Ort auf dem Feld reicht das Angebot. „Was meistens hilft, ist ein Blick in Nachbars Garten, dort kann man sich Orientierung holen“, rät Brodbeck. Große Tanks mit Gießwasser und mehrere Gartenhütten mit Arbeitsgeräten stehen direkt an den Beeten.

„Wir legen großen Wert darauf, den Hobbygärtnern den natürlichen Prozess aus Sicht der Landwirtschaft zu eröffnen: Wo kommen die Lebensmittel des täglichen Bedarfs eigentlich her und wie entstehen sie?“, sagt der Landwirt. Der Bezug der Bevölkerung zu landwirtschaftlichen Erzeugnissen sei im Allgemeinen nicht sehr groß. Brodbeck und Meine Ernte wollen durch die Mietäcker das Bewusstsein und die Wertschätzung der Menschen erhöhen.