Am Matterhorn wird auf Hochtouren nach Karl-Erivan Haub gesucht. Doch wer ist der milliardenschwere Tengelmann-Chef, der die Öffentlichkeit scheut?

Mülheim/Ruhr - Ins Rampenlicht drängte er nie: Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub ist zurückhaltend, was öffentliche Auftritte angeht. Wenige kannten den Namen des Milliardärs, bis er am Wochenende in den Schlagzeilen auftauchte. Seit Samstag wird der 58-Jährige vermisst. Er war mit der Seilbahn zum Klein Matterhorn gefahren, seitdem fehlt jede Spur von ihm. Die Suche nach Haub gestaltet sich schwierig.

 

Bekannt wurde der eigentlich eher öffentlichkeitsscheue Haub einer breiten Öffentlichkeit vor allen Dingen durch den erbitterten Streit um den Verkauf der Kaiser’s Tengelmann-Supermärkte an den Rivalen Edeka, als er sich einen erbitterten Schlagabtausch mit dem Rewe-Chef Alain Caparros lieferte.

Haub, der 1960 in den USA geboren wurde, ist der Sohn des erst vor wenigen Wochen verstorbenen Unternehmers Ervian Haub. Die Unternehmerdynastie gehört zu den reichsten Familien Deutschlands. Der Wert des Familienimperiums, zu dem Deutschlands größter Textildiscounter Kik und die Baumarktkette Obi sowie Beteiligungen an Internetfirmen wie Zalando und Delivery Hero gehören, wurde vom „Manager-Magazin“ 2017 auf rund 4,2 Milliarden Euro geschätzt.

„Hartes Arbeiten und nichts verprassen“

Doch geschenkt worden sei ihm deshalb nichts, erzählte er einmal in einem Interview: „Wenn Sie jetzt denken, ich bin im Luxus groß geworden, dann täuschen Sie sich. Meine beiden Brüder und ich sind sehr geerdet aufgewachsen. Hartes Arbeiten und nichts verprassen, das haben unsere Eltern uns früh vermittelt. Mein Vater hat immer gesagt: „Haben kommt vom Halten“.“

Tatsächlich begann Haub seine Karriere nach dem Abitur mit einer Lehre zum Einzelhandelskaufmann. Danach studierte er an der Elite-Hochschule in St. Gallen Wirtschaftswissenschaften und arbeitete in den Folgejahren zeitweise für den Unternehmensberater McKinsey. Erst Ende der 90er-Jahre übernahm er dann die Führung des Familienunternehmenns.

Tengelmann steckte damals in der Krise. Haubs Vater hatte das Familienunternehmen durch viele Zukäufe zum größten deutschen Lebensmittel-Filialisten gemacht. Doch waren notwendige Modernisierungen zu lange verschleppt worden. Sein Sohn griff mit harter Hand durch, verkaufte große Teile des Handelsgeschäfts, darunter die Discount-Tochter Plus.

Doch beschränkte Haub sich nicht darauf, das Familienimperium zurechtzustutzen. In seine Ära fällt auch der Aufstieg des Textil-Discounters Kik, die Aufstockung der Mehrheitsbeteiligung an der Baumarktkette Obi und der Einstieg des Familienunternehmens in den E-Commerce. Im Online-Handel übernahm Tengelmann unter Haubs Führung eine Vorreiterrolle im deutschen Einzelhandel. Zum Tengelmann-Portfolio gehören heute Beteiligungen an Zalando und Delivery Hero, aber auch Onlinehändler wie babymarkt.de.

Unterstützung für Angela Merkel

Privat scheut der Unternehmer die Öffentlichkeit. Meistens jedenfalls. Doch manchmal mischt er sich auch ein. Etwa im Bundestagswahlkampf 2013, als Tengelmann mit großen Zeitungsanzeigen für Angela Merkel warb. “Ich hab die Anzeigen aus Überzeugung geschaltet“, sagte Haub später. „Mir ging es darum, die konservative Kraft zu stärken. Das ist auch gelungen.“

Haubs großes Hobby ist der Sport. Ob Marathonlaufen, Bergsteigen oder Skifahren - all das begeistert ihn. Die Gegend um das Matterhorn, in der er nun vermisst wird, ist ihm deshalb nicht unbekannt. Mit 30 Jahren bestieg er zum ersten Mal den 4478 Meter hohen Berg auf der Grenze zwischen der Schweiz und Italien. In den vergangenen Jahren nahm er dort nach Angaben der Schweizer Zeitung „Blick“ auch immer wieder an der sogenannten Patrouille des Glaciers teil, einem traditionellen Skitourenrennen, das vom Militär veranstaltet wird.

Haubs Bruder Christian will trotz der bislang vergeblichen Suche die Hoffnung auf ein gutes Ende nicht aufgeben: „Mein Bruder ist ein sehr erfahrener Skitourengänger und Bergsteiger, so dass wir trotz der Zeit, die inzwischen verstrichen ist, die Hoffnung nicht aufgeben, ihn bald zu finden.“