Wenn im Basketball Panathinaikos Athen auf den Rivalen Olympiakos Piräus trifft, herrscht nicht nur auf dem Spielfeld, sondern auch auf den Rängen der Ausnahmezustand – und das ist für die Beteiligten nicht immer spaßig.

Sport: Joachim Klumpp (ump)

Stuttgart/Athen - Im Fußball schwebt seit geraumer Zeit das Schreckgespenst einer Europaliga herum, womit sich Topteams wie die Bayern oder Dortmund im Zweifel klammheimlich aus der Bundesliga verabschieden könnten. Dieses Szenario ist im Basketball schon Realität. Erstmals in dieser Saison: Da treffen am Freitag Panathinaikos Athen und Olympiakos Piräus aufeinander, zum wohl heißesten Duell in Europa, das nicht ohne Grund „Derby der ewigen Feinde“ genannt wird. Es birgt dieses Mal historischen Zündstoff. In der nationalen Liga fällt das Aufeinandertreffen flach. Hintergrund ist ein lang anhaltender Streit, wobei sich vor allem Olympiakos immer wieder vom Verband und den Schiedsrichtern benachteiligt fühlte, was letztendlich in dem Boykott eines Pokalderbys gipfelte, als die Spieler zur Pause in der Kabine blieben. Das Ende von Klagelied: Piräus wurde vom Verband zum Zwangsabstieg verurteilt und spielt in der zweiten Liga mit einer besseren Reservemannschaft.

 

Ein US-Profi weigert sich zu spielen

Die Topprofis dagegen treten in der Königsklasse Euroleague an, also in jener geschlossenen Gesellschaft aus 18 Mannschaften, wovon elf Clubs mit einer A-Lizenz gesetzt sind. Dazu gehören von jeher die beiden griechischen Traditionsvereine, deren Rivalität historische Wurzeln hat. „Wer in einer Pana-Familie auf die Welt kommt, wird das sein Leben lang bleiben, und umgekehrt“, berichtet der deutsche Ex-Nationalspieler Michael Koch, der jahrelang für die Grün-Weißen gespielt hat und noch heute Gänsehaut bekommt, wenn er an die Derbys denkt. „Da sind schon mal Gegenstände geflogen, oder ein Spieler bekam eine Platzwunde“, erinnert sich der heute 53-Jährige. „Wir hatten sogar mal einen amerikanischen Profi, der sich schlicht geweigert hat weiterzuspielen.“

Das war allerdings in Saloniki, was die Sache nicht besser macht. Auch nicht, dass Koch betont: „Einen Spielabbruch hat es zu meiner Zeit nie gegeben.“ Stattdessen wurde ein Schiedsrichter mal kurzerhand getackert, wenn er von einer Münze am Kopf getroffen worden war. „Als Spieler musste man mental stark sein“, so Koch, vor allem in der Zeit, als noch Anhänger der Gäste in den beiden großen Hallen zugelassen waren. Auf den Rängen dominierten Knallkörper statt Klatschpappen. In den Duellen treffen Weltanschauungen aufeinander. Zum einen die Piräus-Gefolgschaft, die sich traditionell aus dem Hafengebiet und dem Arbeitermilieu rekrutiert; auf der anderen Seite die Panathinaikos-Anhänger aus den eher noblen Stadtteilen.

Trainer David Blatt erkrankt an Multipler Sklerose

Angeführt werden die Clubs von einflussreichen Familienclans, die sich seit Jahren nicht grün sind, der Reederdynastie Angelopoulos (Piräus) und dem Pharmafabrikanten Dimitris Giannakopoulos. Geld ist also vorhanden, wobei die Basketball-Etats von plus/minus 15 Millionen Euro pro Saison allenfalls unteres Mittelmaß in Europa verkörpern (Barcelona hat zum Beispiel mehr als 40 Millionen). In dieser Saison hat Panathinaikos, mit dem Ex-Ludwigsburger Center Jacob Wiley, die Nase als Tabellensechster noch vorne, wobei Piräus als Zehnter inzwischen nachzog – vielleicht zahlt es sich langsam aus, dass der Fokus des Teams voll auf dem internationalen Wettbewerb liegt. „Aber sie brauchen natürlich auch erst mal einen Rhythmus“, sagt Koch, zumal es im Laufe der Runde noch einige Wechsel gab. Auch auf der Trainerposition, was einen eher tragischen Hintergrund hat. Denn der US-Coach David Blatt verkündete im August, dass er an Multipler Sklerose erkrankt sei, aber weitermachen will. Doch nachdem der sportliche Erfolg ausblieb, musste der 60-Jährige schweren Herzens gehen.

Nicht nur seine Zukunft ist offen. Weil Piräus mit einem Sechs-Punkte-Abzug bestraft worden ist, liegt das B-Team selbst in der zweiten Liga – trotz erst einer Niederlage – auf dem letzten Platz. Fraglich ist zudem, ob die Verantwortlichen überhaupt Interesse am Wiederaufstieg haben. Doch zunächst einmal liegt der Fokus auf Freitag. Wie das Derby ausgeht? Der griechische Experte Aris Barkas meint angesichts der Vorgeschichte: „Hoffen wir mal, dass das Spiel beendet werden kann.“