Sparen durch Selbstbindung: Die grün-rote Landesregierung gibt sich einen Fahrplan zur Konsolidierung des Etats. Demnach dürfen noch 6,4 Milliarden Euro Schulden gemacht werden.

Stuttgart - Die grün-rote Landesregierung möchte bis einschließlich zum Jahr 2019 insgesamt maximal 6,4 Milliarden Euro zusätzlich am Kreditmarkt aufnehmen. Damit würde die bis dahin aufgelaufene Verschuldung des Landes mit 49,7 Milliarden Euro gerade noch unter der 50-Milliarden-Marke liegen. Das Grundgesetz schreibt vor, dass der Haushalt von 2020 an nicht mehr mit fremdem Geld finanziert werden darf.

 

Die Selbstbindung beim Gang an den Kreditmarkt ist aber nur Teil einer Neuregelung der Landeshaushaltsordnung. Darin soll auch vorgeschrieben werden, dass die Deckungslücke im Etat bis 2020 in gleichmäßigen Schritten abgebaut werden muss. Der Ministerrat hat – „vorbehaltlich der Zustimmung der Regierungsfraktionen“ – dieses Vorgehen jetzt beschlossen. Pro Jahr seien Ausgaben von 2,5 Milliarden Euro nicht gedeckt, erklärte der Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) nach der Kabinettssitzung. Diese Lücke ist also schrittweise durch Ausgabenkürzungen zu schließen.

Gespräche gescheitert

„Wir würden das lieber in der Landesverfassung regeln“, sagte Kretschmann. Dafür ist im Landtag aber eine Zwei-Drittel-Mehrheit notwendig, über die Grün-Rot nicht verfügt. Gespräche mit der Opposition habe man geführt. „Die waren nicht erfolgreich.“ Er habe sich aber, so der Regierungschef, per Brief erneut an die Fraktionsvorsitzenden gewandt, um doch noch dem Defizitabbau Verfassungsrang beizumessen. „Dann wäre das Gesetz obsolet.“

Es sieht aber nicht so aus, als ob CDU und FDP zu einer gemeinsamen Sache mit Grün-Rot bereit wären. Der CDU-Fraktionschef Peter Hauk warf der Regierung vor, den bisher „sehr konstruktiven und vertrauensvollen Gespräche mit der Regierung“ die Grundlage entzogen zu haben, indem man jetzt einen eigenen Weg gehe. „Damit wird erneut deutlich, wie scheinheilig die selbst ernannte Bürgerregierung handelt“, sagte Hauk. „Nach diesen Entwicklungen sehen wir die Gespräche als gescheitert an.“ Mit ihren Vorschlägen beweise die Landesregierung, dass „sie jedweden Sparwillen aufgegeben und vielmehr die Schleusen für eine unverantwortliche Neuverschuldung weit geöffnet“ habe.

Die FDP stimmt in die Kritik ein. Wer mit den Liberalen eine Verständigung anstrebe, „muss mit der Aufnahme von neuen Schulden deutlich früher Schluss machen als im Jahr 2020“, sagte der FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke.

Die Regierung steht unter einem gewissen Zeitdruck. Noch in diesem Jahr will sie den Doppelhaushalt 2013/14 verabschieden. Dafür ist eine Kreditaufnahme von insgesamt 3,3 Milliarden Euro vorgesehen. Laut der geltenden Fassung der Landeshaushaltsordnung ist das aber nicht zulässig. Unter dem CDU-Ministerpräsidenten Günther Oettinger war darin festgeschrieben worden, dass nur unter ganz bestimmten Bedingungen neue Kredite aufgenommen werden dürfen. Diese Voraussetzungen sind aber derzeit nicht erfüllt.

Gewaltige Deckungslücken

Darum plant die Regierung, die Landeshaushaltsordnung zu ändern, damit sie sich nicht vorwerfen lassen muss, gegen geltendes Recht zu verstoßen. Der Finanzminister Nils Schmid (SPD) erklärte entsprechend, die Haushaltsordnung „hat sich überlebt und muss verändert werden“. Er bezieht sich auf ein Gutachten der Hertie School of Governance vom Frühjahr dieses Jahres. Darin wird dargelegt, dass die geltenden Vorschriften der Haushaltsordnung kurzfristiges Handeln begünstigen und langfristige strukturelle Konsolidierung eher behinderten.

Bei dieser Konsolidierung hat die Regierung aber noch eine große Aufgabe zu leisten. Schmid rechnete vor, dass die bisher beschlossenen und ins Auge gefassten Einsparungen sich im Jahr 2020 auf rund 860 Millionen Euro aufsummieren. Allerdings beträgt die Deckungslücke nach heutigen Zahlen in jenem Jahr 2,8 Milliarden Euro.

Nach den jetzt in der Landeshaushaltsordnung zu verankernden Zahlen sollen dennoch keinen neuen Schulden mehr gemacht werden. 2014 soll die Verschuldungsobergrenze bei knapp 1,1 Milliarden Euro liegen, 2016 bei 840 Millionen, 2017 dann bei 790 Millionen, 2018 bei 240 Millionen und 2019 bei 180 Millionen Euro.