Die Türkei fordert erneut eine Durchsuchung des Konsulats in Istanbul, wo Dschamal Chaschukdschi verschwand. Am 60. Geburtstag des Autors ist noch nicht geklärt, was mit ihm geschah.

Istanbul - Türkische Behörden verfügen nach Angaben einer regierungsnahen Zeitung über Tonaufnahmen der mutmaßlichen Ermordung des saudi-arabischen Journalisten Dschamal Chaschukdschi. Dessen Apple-Uhr habe den Mord durch saudi-arabische Beamte aufgezeichnet, berichtete die Zeitung „Sabah“ am Samstag. Die Behörden hätten die Daten auf Chaschukdschis Mobiltelefon und seiner iCloud sichergestellt. Sein Smartphone habe er seiner Verlobten gegeben, bevor er am 2. Oktober in das saudi-arabische Konsulat in Istanbul ging.

 

Chaschukdschi ist seit diesem Termin verschwunden. Türkische Behörden sagen, er sei in dem Konsulat getötet worden. Riad hat dies bestritten und angegeben, der Journalist habe das Konsulat verlassen. Innenminister Abdulasis bin Saud sagte der staatlichen Nachrichtenagentur SPA zufolge, Berichte über einen Mordbefehl gegen Chaschukdschi seien „Lügen und grundlose Vorwürfe gegen die Regierung“.

Über „Sabah“ sind bereits mehrere türkische Geheimdienstinformationen an die Öffentlichkeit gelangt. Türkische Behörden reagierten zunächst nicht auf Anfragen der Nachrichtenagentur AP zu Chaschukdschis Apple-Watch. Der Samstag war der 60. Geburtstag von Chaschukdschi, der kritisch über den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman geschrieben hat.

Videobeweis für Tötung und Zerstückelung

Die „Washington Post“, für die Chaschukdschi arbeitete, hatte schon am Freitag berichtet, die Türkei habe der US-Regierung mitgeteilt, Audio- und Videobeweise über die Tötung und Zerstückelung Chaschukdschis zu haben.

„Sabah“ berichtete, saudische Behördenvertreter hätten versucht, die Audioaufnahmen zu löschen, indem sie vergeblich die PIN Chaschukdschis auf der Uhr zu erraten versucht hätten und später einen Finger des Journalisten benutzt hätten. Apple-Watches verfügen nicht über eine Entsperrungsfunktion durch einen Fingerabdruck.

Türkische Behördenvertreter vermuten eigenen Angaben zufolge, dass ein 15-köpfiges saudi-arabisches „Attentatskommando“ Chaschukdschi in dem Konsulat ermordete. Ein saudi-arabischer Nachrichtensender hat die 15 Personen „Touristen“ genannt.

Kooperation von Saudi-Arabien erwartet

Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu sagte, Saudi-Arabien habe bislang nicht mit der Türkei bei der Suche nach Chaschukdschi zusammengearbeitet. Türkische „Staatsanwälte und technische Freunde müssen hinein“ in das Konsulat. „Und Saudi-Arabien muss mit uns dabei kooperieren“, sagte er.

Saudi-Arabien hatte vor Tagen gesagt, dass es das Konsulat für eine Durchsuchung öffnen werde. Das ist aber noch nicht passiert. Cavusoglu sagte, die Türkei werde mit Saudi-Arabien Informationen in einer „gemeinsamen Arbeitsgruppe“ teilen. Die türkische Untersuchung werde aber separat weitergehen.

Das Verschwinden von Chaschukdschi hat US-Präsident Donald Trump unter Druck gesetzt. Er hat seit seinem Amtsantritt ein enges Verhältnis zu Saudi-Arabien. Trump kündigte einen Anruf beim saudi-arabischen König Salman über „die schreckliche Situation in der Türkei“ an.

Dokumente für die Eheschließung

In einem Interview der Sendung „60 Minutes“ von CBS, das am Sonntag ausgestrahlt werden sollte, sagte Trump, die Saudi-Araber bestritten „es. Sie bestreiten es auf jede vorstellbare Weise.“ Trump sagte, es sei möglich, dass die Saudi-Araber hinter dem Verschwinden Chaschukdschis steckten.

Chaschukdschis Verlobte Hatice Cengiz teilte der AP am Freitag mit, ihr Verlobter sei nicht nervös gewesen, als er in das Konsulat gegangen sei, um Dokumente für ihre Eheschließung zu erhalten. „Er hat „bis später, mein Liebling“ gesagt und ist reingegangen“, schilderte Cengiz. Die türkischen Behörden hätten ihr nichts über irgendwelche Aufzeichnungen gesagt, antwortete sie auf Fragen der AP. Chaschukdschi gelte noch offiziell als vermisst.