Vor dem Hauptbahnhof sollen am Dienstag die ersten Bäume verpflanzt werden. Die Gegner haben Blockaden angekündigt.

Stuttgart - Die Deutsche Bahn beginnt am Dienstag mit der Umpflanzung von 16 Bäumen am Nordausgang des Stuttgarter Hauptbahnhofs. Die Aktion, die sich der Schienenkonzern 200.000 Euro kosten lässt, soll sich über mehrere Tage erstrecken, teilten die Sprecher des umstrittenen Bahnprojekts Stuttgart 21, Udo Andriof und Wolfgang Dietrich, am Montag mit. Die Arbeiten, die unbestätigten Informationen zufolge in der Nacht auf Dienstag beginnen sollen, dienen der Vorbereitung für den Bau des unterirdischen Technikgebäudes am Kurt-Georg-Kiesinger-Platz. Obwohl keine Bäume im Schlossgarten betroffen sind, haben die Aktivisten der "Parkschützer" Proteste und Blockaden angekündigt. "Wir lassen uns von dem Schlichterspruch nicht blenden und machen keinen Unterschied zwischen Park- und Parkplatzbäumen", so deren Sprecher Matthias von Herrmann. Die Polizei ist auf alles vorbereitet. "Mehrere Hundertschaften stehen bereit", so Polizeisprecher Stefan Keilbach.

Auch den Einsatz von Wasserwerfern will man sich zumindest als Option offenhalten. Verkehrsbehinderungen im Umfeld des Bahnhofs seien nicht auszuschließen. Geleitet wird der Einsatz vom Vizepolizeipräsidenten Norbert Walz, dessen Chef Siegfried Stumpf noch im Urlaub weilt. Der bevorstehende Polizeieinsatz und die Verpflanzung der Bäume sind am Montagabend auch auf der sogenannten Montagsdemonstration vor dem Hauptbahnhof thematisiert worden. Es kamen mehrere Tausend Menschen. Die Grünen-Politikerin Irmela Neipp-Gereke sagte, sie befürchte, dass einige Bäume die Aktion nicht überstehen könnten. Es sei für sie nicht nachvollziehbar, dass weitere Fakten geschaffen würden. Bei der Mahnwache vor dem Nordausgang des Bahnhofs hieß es, dass zahlreiche Demonstranten in der Nacht zum Dienstag kommen wollten, um die Arbeiten zu blockieren.

Aufrufe zu Protestaktionen


Auch in Internetforen war zum nächtlichen Protest aufgerufen worden. Die Projektkommunikatoren wollten aufgrund der zu erwartenden Protestaktionen die genaue Uhrzeit, zu der der erste Baum von einem sogenannten Rundspatenbagger ausgegraben werden soll, nicht nennen. Stattdessen appellierte Dietrich an die Projektgegner, die Stimmung nicht weiter anzuheizen, keinen "Radau" zu machen und sich an Recht und Gesetz zu halten. Man wolle mit dieser freiwilligen Aktion, die nicht auf dem Schlichterspruch von Heiner Geißler beruhe, zur Deeskalation beitragen und erwarte dies auch von denjenigen, die dem Projekt kritisch gegenüberstehen. Wo genau die neuen Standorte für die Bäume sind, ließen die Projektsprecher ebenfalls offen. Es handele sich aber um Plätze in den Stadtteilen Stuttgart-Süd, Ost, Bad Cannstatt, Degerloch, Vaihingen, Zuffenhausen und Stammheim.

"Eigentlich hätte die Bahn das Recht, laut Baubeschluss von 2005 die Bäume zu fällen", betonte Udo Andriof. Es gehe nicht darum, im Blick auf den Stresstest für den Tiefbahnhof unumkehrbare Fakten zu schaffen, sondern darum, "unvertretbare Verzögerungen" beim Bau des Technikgebäudes zu vermeiden. Die mit der Baumversetzung beauftragte Firma verfüge über entsprechende Referenzen. Das Unternehmen – die Firma Eurotree aus Bayern hat den Zuschlag für die Arbeiten erhalten – habe etwa für den Bau der Leipziger Porsche-Niederlassung 400 Bäume erfolgreich "umgesiedelt". Andriof wies darauf hin, dass in der Landeshauptstadt jährlich circa 800 Bäume gefällt und wieder aufgeforstet würden. So seien etwa für den Rückbau des alten Messeareals am Killesberg 228 Bäume abgeholzt worden. Nach den Worten des Chefs des Stuttgarter Garten- und Friedhofsamts, Werner Koch, sind die Verpflanzungen der rund 40 Jahre alten Bäume mit einem Stammumfang zwischen 50 und 180 Zentimetern aus fachlicher Sicht sinnvoll und möglich.

Die Stadt habe bereits im Frühjahr 2010 dafür plädiert, wegen der Baumaßnahmen die Bäume umzusetzen. Ganz ohne Gefahr für die Pflanzen sei das Ausbuddeln aber nicht. "Mit der Operation sind Risiken für den Baum verbunden", so Wolfgang Dietrich. Laut Andriof stammt das Geld für die Aktion nicht aus dem Risikofonds für Stuttgart 21, sondern wird von der Bahn bezahlt. Weitere 13 Bäume am Nordausgang sollen nach Ende der Vegetationsphase im Herbst verpflanzt werden. Was mit den Großbäumen im Schlossgarten geschieht, deren ursprünglich beabsichtigte Fällung Heiner Geißler missfallen hatte, ließen die Projektsprecher offen. Dietrich verwies auf die von Stefan Mappus angekündigten Dialogforen, in denen auch dieses Thema diskutiert werde. Klar sei, dass vor Herbst im Mittleren Schlossgarten kein Baum verpflanzt oder gefällt werde.