Es ist kein seltener Fall, dass Großeltern auf ihre Enkelkinder aufpassen. Rechtlich gesehen bestehen für sie allerdings – trotz der Verwandtschaft – deutlich andere Risiken als für die Eltern.Welcher Versicherungsschutz für Oma und Opa gilt.

Kassel - Es ist ein tragischer Fall, den das Bundessozialgericht in Kassel in dieser Woche verhandelt hat. Eine Frau passt regelmäßig auf ihre Enkelkinder auf. An einem Augusttag fällt der kleine Junge, ein Jahr alt, in das Schwimmbecken auf dem Grundstück nahe Magdeburg. Er erleidet einen Sauerstoffmangel, trägt Hirnschäden davon, bekommt Epilepsie und eine Lähmung. Dass die Großmutter die Verantwortung für den Unfall trägt, ist juristisch klar. Sie wird deshalb dazu verurteilt, 400 000 Euro Schmerzensgeld zu zahlen – und klagt vor Gericht. Vor mehreren Instanzen fordert sie, dass die Unfallkasse Sachsen-Anhalt den Fall anerkennt und die Kosten übernimmt, weil das Sozialgesetzbuch bei der Betreuung durch „geeignete Tagespflegepersonen“ einen Versicherungsschutz der Kinder vorsieht.

 

Gesetzlicher Versicherungsschutz greift nur bei Tagesmüttern oder Babysitter

Nun hat das Bundessozialgericht – wie schon die Gerichte zuvor – entschieden: Wenn Großeltern auf ihre Enkel aufpassen, greift der gesetzliche Versicherungsschutz im Falle eines Unfalls nicht. Denn: Laut Gesetz muss bei einer offiziellen Betreuung das Jugendamt mit einbezogen werden. Im vorliegenden Fall aber sei die Betreuung nicht arbeitnehmerähnlich geprüft, sondern geprägt durch die familiäre Bindung der Großmutter. Es ist sicher kein seltener Fall, dass Großeltern auf ihre Enkelkinder aufpassen. Rechtlich gesehen bestehen für sie allerdings – trotz der Verwandtschaft – deutlich andere Risiken als für die Eltern. Denn der gesetzliche Versicherungsschutz greift nur dann, wenn eine professionelle Tagesmutter oder ein Babysitter im Privathaushalt angestellt und bezahlt wird. So ist das auch, wenn Kinder in einer Tagesstätte oder im Kindergarten sind oder zu einer vom Jugendamt vermittelten Tagesmutter gebracht werden. Dieser gesetzliche Versicherungsschutz greift aber nicht, wenn Babysitter freiberuflich tätig sind. Und ebenso wenig, wenn Bekannte oder Großeltern aus reiner Gefälligkeit auf ein Kind aufpassen.

Wichtig ist, bei Versicherungen konkret nachzufragen

„Wenn ein Kind von den Großeltern betreut wird, müssen diese unbedingt eine private Haftpflichtversicherung haben“, sagt Marco Grashoff, Haftpflicht-Experte bei der Ergo-Versicherungsgruppe. Passt also die Großmutter auf ihre Enkelkinder auf, geht die Aufsichtspflicht von den Eltern auf sie über. Beim Thema Schadenersatz greife dann die private Haftpflichtversicherung der Großmutter – sofern sie eine besitze, sagt der Experte. „Man sollte konkret bei der jeweiligen Versicherung nachfragen, ob die Betreuung fremder Kinder mit in den Versicherungsschutz hineinfällt“, rät Grashoff. Dabei mache es keinen Unterschied, ob die eigenen Großeltern oder etwa Nachbarn oder Freunde auf das Kind aufpassen.