2490 Fußballfelder – so viel Fläche ist 2019 im Südwesten „verbraucht“ worden. Vor allem für den Wohnungsbau wird mehr Boden versiegelt. Der Naturschutzbund BUND kritisiert Neubaugebiete auf der grünen Wiese – und stellt Forderungen.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Im vergangenen Jahr ist im Südwesten eine Fläche „verbraucht“ worden, die so groß ist wie 2490 Fußballfelder – sie diente dazu, Häuser oder Straßen zu bauen. Gegenüber dem Vorjahr ist der Verbrauch damit wieder leicht von 4,5 auf 4,8 Hektar pro Tag angestiegen. Dies teilte das Statistische Landesamt jetzt mit. Langfristig betrachtet, konnten Land und Kommunen aber durchaus Erfolge feiern: Um die Jahrtausendwende lag der Verbrauch noch bei zwölf Hektar täglich.

 

Mit knapp 1200 der insgesamt 1745 Hektar an neu genutzten Flächen liegt der Wohnungsbau mit großem Abstand an erster Stelle. Der Straßenbau verschlang 212 Hektar. Da die Waldfläche in Baden-Württemberg seit Jahrzehnten nahezu konstant bleibt, muss vor allem die Landwirtschaft Wiesen und Äcker abgeben – seit dem Jahr 2000 hat sie insgesamt rund 60 000 Hektar verloren.

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BUND kritisiert Baugebiete für Einfamilienhäuser

Brigitte Dahlbender, die Landesvorsitzende des BUND, hat in einer Reaktion auf die neuen Zahlen die Landesregierung und die Kommunen aufgefordert, energischer zu handeln: „Das Ziel muss sein, den Flächenverbrauch langfristig auf Netto-Null zu reduzieren und nicht immer mehr Fläche der Natur abzuknapsen“, sagte sie. Dahlbender kritisierte vor allem, dass viele kleinere Kommunen wieder verstärkt Neubaugebiete auf der grünen Wiese, vorwiegend für Einfamilienhäuser, ausweisen würden. „Damit wird aber kein preisgünstiger Wohnraum geschaffen, sondern nur wertvolle Fläche verbraucht“, sagte die Landesvorsitzende. Diese Tendenz werde noch gesteigert durch einen Paragrafen im Baugesetzbuch, der es den Kommunen seit einiger Zeit im Außenbereich erlaubt, ohne Umweltprüfung und ohne Ausgleichsmaßnahmen beschleunigt Wohnbauland auszuweisen. Ziel sollte sein, schnell günstigen Wohnraum zu schaffen – aber dieses Ziel wird nach Ansicht des BUND nicht erreicht.

Insgesamt macht die Siedlungs- und Verkehrsfläche in Baden-Württemberg knapp 15 Prozent aus. Das Statistische Landesamt weist aber darauf hin, dass diese Fläche nicht vollständig asphaltiert und versiegelt sei, denn zur Siedlungsfläche gehörten beispielsweise auch Friedhöfe oder Sportanlagen. Einer Schätzung der Behörde zufolge ist nur die Hälfte der Siedlungs- und Verkehrsfläche tatsächlich versiegelt. Innerhalb der Städte und Gemeinden gibt es dabei große Unterschiede. Mannheim hat mit 58,2 Prozent an Siedlungs- und Verkehrsfläche den höchsten Wert, Freudenstadt liegt mit 9,8 Prozent ganz hinten.

Flächenmanager suchen nach bebaubaren Grundstücken

Das zuständige Wirtschaftsministerium bemüht sich seit langem, den Flächenverbrauch weiter zu senken – Ziel sind eigentlich drei Hektar täglich. Kommunen können ein eigenes Flächenmanagement entwickeln, um brachliegende oder frei werdende Baugrundstücke im Innenbereich zu identifizieren und zu erschließen. Manche Städte stellen einen eigenen Flächenmanager ein – im vergangenen Jahr hat das Land etwa Tuttlingen, Giengen an der Brenz, Mulfingen und Radolfzell finanziell gefördert, die dies getan haben. Mit einem Zuschussprogramm werden auch Projekte zur Innenentwicklung unterstützt.