Genaue Zahlen für den Rems-Murr-Kreis gibt es nicht, aber die Prognose in Sachen Pflegebedürftigkeit und -versorgung sind alarmierend. Bis zum Jahr 2030 ist mit einem Anstieg des Bedarfs an vollstationären Pflegeplätzen um nahezu 50 Prozent zu rechnen.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Die Prognosen sind dramatisch. Laut Hochrechnungen im erst unlängst verabschiedeten Pflegeplan des Rems-Murr-Kreises ist bis zum Jahr 2030 mit einem Anstieg des Bedarfs an vollstationären Pflegeplätzen um nahezu 50 Prozent zu rechnen. Die verschärften Anforderungen durch die Landesheimbauverordnung haben zudem Kapazitäten gekostet. Was Experten im Landratsamt dazu sagen.

 

Wie viele Plätze in Seniorenheimen gibt es zurzeit im Rems-Murr-Kreis – wird damit der Bedarf gedeckt oder ist die Nachfrage größer als das Angebot? Die Nachfrage einzelner Pflegesparten wird statistisch nicht erfasst. Die Rückmeldungen von Pflegeempfängern, Zu- und Angehörigen im Zusammenhang mit Pflegeberatungen und Meldungen von Leistungserbringern in der stationären, teilstationären und ambulanten Pflege deuten allerdings klar darauf hin, dass die Nachfrage schon jetzt deutlich höher ist als das Angebot. Laut einer Erhebung der Heimaufsicht des Rems-Murr-Kreises zum Stichtag Ende 2021 wurden in der vollstationären Pflege zu diesem Zeitpunkt 3540 Plätze angeboten. Hochrechnungen gehen davon aus, dass im Jahr 2030 mindestens 5270 Plätze benötigt werden, also fast 50 Prozent mehr geschaffen werden müssen. Ähnlich, wenn auch nicht ganz so dramatisch, sieht es in der ambulanten Pflege aus. Auf diese Weise werden zurzeit etwa 3260 Personen versorgt. Bis 2030 werden es laut Prognose 3920 sein (plus 20,3 Prozent).

Wie viele Seniorenheime mussten oder müssen noch wegen der neuen Landesheimbauverordnung größere Umbauten machen? Wie weit sind die Einrichtungen da? Aufgrund der Vorgaben der Landesheimbauverordnung mussten oder müssen künftig 21 stationäre Pflegeeinrichtungen Umbauten vornehmen, 15 haben bereits beziehungsweise werden noch Ersatzneubauten erstellen, da das Bestandsgebäude nicht an die Vorgaben angepasst werden kann.

Der Fortschritt ist unterschiedlich. Teilweise sind Umbau- beziehungsweise Ersatzneubauten bereits erfolgt, manche Einrichtungen sind aktuell dabei, bei anderen stehen Maßnahmen noch aus. Die Coronapandemie sowie Lieferengpässe aufgrund des Ukraine-Kriegs haben teilweise zu Verzögerungen geführt, die so nicht planbar waren.

Wird es Schließungen geben, weil die Auflagen nicht mehr erfüllt werden können? Zwei Einrichtungen – Großerlach und Weinstadt – mussten aufgrund der fehlenden Anpassungsmöglichkeit schließen. Eine Betriebsaufgabe in Schorndorf steht noch aus.

Wie viele Pflegeplätze werden die Umbauten in Summe voraussichtlich kosten? Bereits mit Ablauf der zehnjährigen Übergangsfrist zum 1. September 2019 weggefallen oder mit einem Belegungsstopp belegt sind 316 Pflegeplätze. Gründe für die Belegungsstopps sind etwa weil Doppelzimmer noch zu Einzelzimmern oder für Gemeinschaftsflächen umgewandelt werden müssen. Weitere 520 Pflegeplätze gelten als kritisch, weil über ihre Befreiung von Auflagen noch verhandelt wird. Als sehr wahrscheinlich gilt, dass bis 2025 insgesamt weitere 204 Plätze wegfallen.

Wie sieht die Prognose angesichts der demografischen Entwicklung aus? Die Pflegebedarfsentwicklung auf Bundes- und Landesebene spiegeln sich natürlich auch in der Entwicklung einer allgemein starken Zunahme des Bedarfs an Pflegeleistungen im Rems-Murr-Kreis wider. Für den Landkreis bedeutet dies eine Zunahme der Menschen, die Pflegeleistungen in Anspruch nehmen, von 18 703 im Jahr 2025 auf 21 165 Menschen bis zum Jahr 2035. Das entspricht einem Zuwachs von 13,2 Prozent. Für die ambulante Pflege weist die Vorausrechnung im gleichen Zeitraum eine Zunahme des Bedarfs von 3643 auf 4170 aus (plus 14,5 Prozent). Für den vollstationären Pflegebedarf bedeutet dies im Rems-Murr-Kreis einen Anstieg von 4752 in 2025 auf 5561 im Jahr 2035 an Einrichtungsplätzen (plus 17 Prozent). Die Anzahl der Pflegegeldempfänger (also Menschen, die zuhause gepflegt werden) steigt von 10 301 im Jahr 2025 auf 11 426 im Jahr 2035 (plus 10,9 Prozent).