Das Zentrum soll nicht ausbluten. Deshalb gibt es in der Stadt ein Konzept, das ein Discounter einst erfolglos anfocht.

Ditzingen - Wie kann eine Stadt ihre Ortsmitte schützen, wenn der Discounter im Industriegebiet plötzlich sein Sortiment massiv vergrößern will? Um einen Backshop in einer Aldi-Filiale im Industriegebiet zu verhindern, zog die Stadt Ditzingen vor rund zehn Jahren vor Gericht. Die Richter gaben der Stadt durch die Instanzen recht.

 

Die Stadt hatte sich in ihrer Argumentation erfolgreich auf ihr Konzept zum Schutz der Innenstadt gestützt. Das Konzept ist inzwischen in die Jahre gekommen, wurde immer wieder auch ergänzt. Der Gemeinderat will es jetzt fortschreiben. An diesem Dienstag steht das Thema auf der Tagesordnung des Ausschusses für Umwelt und Technik (19 Uhr, Karl-Koch-Halle in Hirschlanden).

Aldi Süd wollte Gebäude erweitern

Die Verwaltung begründet die Notwendigkeit zur Fortschreibung mit den Veränderungen, denen der Einzelhandel unterliege – „nicht zuletzt beispielsweise aufgrund der jetzigen und künftigen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie“. Für die Stadt sei es wichtig, so die Verwaltung, die Rahmenbedingungen beziehungsweise Spielräume etwa für die Neuansiedlungen von Einzelhandelsbetrieben verbindlich festzulegen, wie es in der Verwaltungsvorlage heißt. Zudem gebe es den Investoren auch Sicherheit bei ihren Planungen und Entscheidungen, wenn die Rahmenbedingungen bekannt sind.

Fünf Jahre juristischer Streit

Fünf Jahre hatte das Unternehmen Aldi Süd dafür gestritten, Backshop und Pfandraum in seiner Filiale im Industriegebiet einzurichten, und dafür das Gebäude zu erweitern. Im Grundsatz drehte sich die Auseinandersetzung um eine Frage: Dürfen bestehende Discounter von der ursprünglich genehmigten Fläche abweichen? Für neue gesetzliche Maßgaben wie die Pfandrücknahme sei bislang nämlich keine bauliche Erweiterung zulässig, so damals die Argumentation.

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Im Oktober 2013 wies der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg den Antrag des Discounters auf Zulassung der Berufung ab. Es hätten sich „keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils ergeben“, hieß es in der Begründung. Somit war das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom Oktober 2012 rechtskräftig. Aldi Süd war unterlegen.

Die Nahversorgung schützen

Mit dem Zentrenschutzkonzept hatte die Stadt zwar einen Backshop im Industriegebiet verhindert – doch der war vielleicht Anlass, nicht Grund allein, das Konzept aufzustellen. Das Zentrenschutzkonzept war auch eine Reaktion auf die aus Expansion ausgerichteten Konzerne und Betriebe, die sich wegen des gestiegenen Drucks innerhalb ihrer Branchen auf neue Betriebskonzepte und -strategien verlagerten. Es dient dem Schutz von Bäcker und Metzger und dem lebensnotwendigen Bedarf, der allein in der Ortsmitte angeboten werden soll. In dem Konzept wird unter anderem definiert, was zentrenrelevant ist

Reaktion auf den Strukturwandel in der Branche

Das, so heißt es in der Einleitung des Einzelhandelskonzepts, habe „erhebliche potenzielle Folgewirkungen für Städte und Gemeinden“. Anfragen zu Einzelhandelsansiedlungen zielten „bevorzugt auf dezentrale Standorte in Gewerbegebieten und an Hauptverkehrsachsen“. Die Folge solcher Entwicklungen bestünde darin, „dass ehemals funktionierende Nahversorgungsnetze zunehmend grobmaschiger werden und insbesondere gewachsene Zentren, vornehmlich die Innenstadt, in ihrer Versorgungsfunktion geschwächt werden“.