Rimorer stellte dann zunächst in Neuschwanstein, auf Herrenchiemsee und bei Memmingen große Depots von Kunstschätzen sicher, kehrte Ende Mai nach Heilbronn zurück und verschaffte sich hier zusammen mit dem Stadtkommandanten Harry M. Montgomery einen Überblick über die eingelagerten Kunstschätze. Am 1. September setzte er Dale V. Ford als Leiter des Kunstschutzstabes ein. Dazu gehörte unter anderem auch der junge Unteroffizier Harry L. Ettlinger. Er war als 19-Jähriger mit dieser Aufgabe betraut worden, weil er gut Deutsch sprach.

 

Vor dem Hintergrund der wegen der Bilder des Kunstsammlers Cornelius Gurlitt wiederaufgeflammten Diskussion über die Raubkunst der Nazis ist bemerkenswert, dass man damals nur zwei Prozent der eingelagerten Kunstschätze als „illegal“ einstufte. Bei dieser Einschätzung bleibt Schrenk bis heute, mit der Einschränkung, dass die Museen schon damals zu Spottpreisen die Kunstwerke jüdischer Mitbürger erworben hatten. Harry L. Ettlinger ist einer der letzten Überlebenden aus dem Kreis dieser „Monuments Men“, es waren – anders als im Film dargestellt – nicht wenige, sondern mehr als 30. In den USA war die Idee von Kunstschutzoffizieren als eine Art „Rotes Kreuz für die Kunst“ schon 1942 entstanden. Zusammen mit anderen noch lebenden „Monuments Men“ wurde Ettlinger vom früheren Präsident George Bush im Weißen Haus empfangen.

Die Kunst retten oder – sterben?

Wie es war, als er am 3. Mai 1946 als Unteroffizier zusammen mit Dale Ford unter den Schätzen aus der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe (von dort waren fast 700 Kisten, ganze Waggonladungen, mit Kunstgegenständen, Plastiken, Büchern eingelagert) ein Rembrandt-Selbstporträt entdeckte, beschreibt Ettlinger im ARD-Kulturjournal „Titel-Thesen-Temperamente“: „Dieser Rembrandt stammt aus der Kunsthalle Karlsruhe. Unter Hitler durfte ich als jüdisches Kind das Museum nicht betreten. In der Salzmine in Heilbronn habe ich dieses Gemälde dann zum ersten Mal gesehen. Ein ganz besonderer Moment für mich, ich war sehr stolz, dass ein Jude jetzt endlich ein Kunstwerk aus einem deutschen Museum betrachten darf.“

Ettlingers Großvater hatte eine Druckgrafik dieses Gemäldes besessen. Bei seinem Besuch in Bruchsal erzählte Ettlinger dem Bruchsaler Journalisten Rolf Schmitt: „Viele von uns standen vor der Wahl: Sterbe ich, um die Kunst zu retten, oder rette ich sie eben nicht. Diese Frage hat uns alle beschäftigt. Als ich anfing, waren gerade zwei von unseren Männern getötet worden.“

Die Heilbronner wissen, dass ihr geliebter Seyfer-Altar aus der Kilianskirche im Bergwerk den Krieg überstanden hat. Was sich allerdings in den dort eingelagerten Kisten befand – es sollen 40 000 gewesen sein –, ist weniger bekannt. Über Inventarlisten lässt sich ihr Inhalt nur mittelbar ermitteln. Dennoch konnte Schrenk dokumentieren, dass nicht nur die Menge, sondern auch die Qualität der Einlagerungen imponierend war. Die Idee mit dem Salzbergwerk hatte der Stuttgarter Archivdirektor Hermann Haering, der 1942 begonnen hatte, Archivmaterialien auszulagern. Ihm folgte 1943 der Landeskonservator Richard Schmidt, der alle folgenden Einlagerungen sorgfältig überwachte.

Größte Fläche unter Tage

Dank der Gedenkstätte im Salzbergwerk, die an die hier eingesetzten und oft auch zu Tode gekommenen Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge erinnert, ist in der Öffentlichkeit weitgehend bekannt, was sich hier unter Tage tat. Auch dass der „Kunstliebhaber“ Hermann Göring spätestens 1944 hier die „bombensicheren Räume“ für die Luftwaffenrüstungsindustrie fand. Weniger bekannt sind allerdings die Dimensionen: Heilbronn und Kochendorf boten mit 125 000 Quadratmetern die größte Einzelfläche unter Tage im Großdeutschen Reich.

Nach langem Häuserkampf war Heilbronn am 12. April 1945 endgültig von den Amerikanern eingenommen worden, nur vier Tage später traf hier, so recherchierte es Schrenk, James R. Rimorer als zuständiger Kunstschutzoffizier ein. Er begann sofort zusammen mit dem damaligen kommissarischen Bergwerksleiter Hanns Bauer das wegen der Kriegseinwirkungen eingedrungene Wasser abzupumpen, um die Kunstschätze nicht zu gefährden.

Von Neuschwanstein nach Heilbronn

Rimorer stellte dann zunächst in Neuschwanstein, auf Herrenchiemsee und bei Memmingen große Depots von Kunstschätzen sicher, kehrte Ende Mai nach Heilbronn zurück und verschaffte sich hier zusammen mit dem Stadtkommandanten Harry M. Montgomery einen Überblick über die eingelagerten Kunstschätze. Am 1. September setzte er Dale V. Ford als Leiter des Kunstschutzstabes ein. Dazu gehörte unter anderem auch der junge Unteroffizier Harry L. Ettlinger. Er war als 19-Jähriger mit dieser Aufgabe betraut worden, weil er gut Deutsch sprach.

Vor dem Hintergrund der wegen der Bilder des Kunstsammlers Cornelius Gurlitt wiederaufgeflammten Diskussion über die Raubkunst der Nazis ist bemerkenswert, dass man damals nur zwei Prozent der eingelagerten Kunstschätze als „illegal“ einstufte. Bei dieser Einschätzung bleibt Schrenk bis heute, mit der Einschränkung, dass die Museen schon damals zu Spottpreisen die Kunstwerke jüdischer Mitbürger erworben hatten. Harry L. Ettlinger ist einer der letzten Überlebenden aus dem Kreis dieser „Monuments Men“, es waren – anders als im Film dargestellt – nicht wenige, sondern mehr als 30. In den USA war die Idee von Kunstschutzoffizieren als eine Art „Rotes Kreuz für die Kunst“ schon 1942 entstanden. Zusammen mit anderen noch lebenden „Monuments Men“ wurde Ettlinger vom früheren Präsident George Bush im Weißen Haus empfangen.

Die Kunst retten oder – sterben?

Wie es war, als er am 3. Mai 1946 als Unteroffizier zusammen mit Dale Ford unter den Schätzen aus der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe (von dort waren fast 700 Kisten, ganze Waggonladungen, mit Kunstgegenständen, Plastiken, Büchern eingelagert) ein Rembrandt-Selbstporträt entdeckte, beschreibt Ettlinger im ARD-Kulturjournal „Titel-Thesen-Temperamente“: „Dieser Rembrandt stammt aus der Kunsthalle Karlsruhe. Unter Hitler durfte ich als jüdisches Kind das Museum nicht betreten. In der Salzmine in Heilbronn habe ich dieses Gemälde dann zum ersten Mal gesehen. Ein ganz besonderer Moment für mich, ich war sehr stolz, dass ein Jude jetzt endlich ein Kunstwerk aus einem deutschen Museum betrachten darf.“

Ettlingers Großvater hatte eine Druckgrafik dieses Gemäldes besessen. Bei seinem Besuch in Bruchsal erzählte Ettlinger dem Bruchsaler Journalisten Rolf Schmitt: „Viele von uns standen vor der Wahl: Sterbe ich, um die Kunst zu retten, oder rette ich sie eben nicht. Diese Frage hat uns alle beschäftigt. Als ich anfing, waren gerade zwei von unseren Männern getötet worden.“

Als Ettlinger 2011 das letzte Mal in Heilbronn war, begleiteten Peter Wanner vom Stadtarchiv Heilbronn, Anton Knittel von der Pressestelle der Stadt und Museumsleiter Marc Gundel den Amerikaner bei einer kleinen Stadtführung mit seinen Angehörigen. Die Begleiter berichten davon, wie sehr ihm die Aufgabe in Heilbronn am Herzen gelegen habe. Er sei zwar etwas gebrechlich, aber geistig überaus wachsam und „sehr amerikanisch“ gewesen, beschreibt ihn Wanner: „Interessiert, aufgeschlossen und ohne Vorbehalte.“

Ein unkomplizierter Amerikaner

Auch Knittel sagt: „Ich erinnere mich an den Besuch in der Heilbronner Kilianskirche mit Herrn Ettlinger gut: ein älterer Herr, höflich, unkompliziert und ohne Scheu, einfach angenehm. Er hat sich sichtlich gefreut, wieder in Heilbronn zu sein, man konnte sofort mit ihm in Kontakt kommen, und er konnte sich an viele Einzelheiten erinnern.“ Die deutsche Sprache hatte Ettlinger allerdings nicht mehr parat.

Indirekt gebührt ihm aber noch ein weiteres Verdienst: Er bescherte den Heilbronnern im Frühjahr 1946 die bedeutendste Kunstausstellung, die es hier je gegeben hatte. Die Volkshochschule stellte zusammen mit der Militärregierung die Kunstschätze aus dem Salzbergwerk unter dem Titel „Geretteter deutscher Kunstbesitz – Südwestdeutsche Kunst des 15. Jahrhunderts“ und „Meisterbildnisse aus vier Jahrhunderten“ aus. Die Feuilletonistin Ilse Fischer schrieb damals: „Die Ausstellung wird in der Hauptsache durch Dürer, Rubens und Rembrandt bestritten.“