Einem deutschen Betriebswirt aus der Schweiz wird vorgeworfen, unerlaubt Besteck der Firma WMF verkauft zu haben.

Kirchheim - Ist es möglich, im Lagerverkauf der Firma WMF Besteckeinzelteile in großen Mengen und so günstig zu kaufen und es anschließend – zu Sets zusammengefügt – wieder gewinnbringend weiterzuveräußern? Der 30-jährige gebürtige Göppinger, der sich seit Donnerstag vor dem Amtsgericht in Kirchheim wegen Verstoßes gegen das Markenrecht verantworten muss, sagt ja. Der Staatsanwalt sieht das anders und wirft dem Angeklagten vor, unerlaubt Handel mit WMF-Artikeln getrieben zu haben.

 

Ins Rollen gekommen sind die Ermittlungen aufgrund der Eigeninitiative eines WMF-Mitarbeiters. Dieser kauft selbst günstige Mangelware in der Geislinger Fischhalle ein und veräußert sie weiter zur Wiederaufbereitung. In dem Lagerverkauf des Unternehmens können Einzelteile, als auch ganze Besteckkästen der verschiedenen Modelle günstiger erstanden werden als im regulären Handel. Beim Internetauktionshaus Ebay entdeckte der Zeuge zufällig die günstigen Angebote des Angeklagten: „Mir war aufgefallen, dass die Sets viel billiger waren als in der Fischhalle.“

Also kaufte er einen Satz. „Die Kunststofftüten, in denen das Besteck war, entsprachen jenen, in die die Waren verpackt sind, wenn WMF sie erhält“, erläuterte er weiter. Weil ihm das seltsam erschien, brachte er das Besteck zum Werkschutz. „Der behielt es gleich ein“, ergänzte er.

Der Angeklagte hat 105 000 Euro umgesetzt

Die Summe, die der Angeklagte mit den WMF Bestecksätzen in den Jahren 2005 bis 2007 umgesetzt hat, beläuft sich auf 105 000 Euro. Da er gewerblich über das Internetauktionshaus gehandelt hat, sind die Verkäufe dokumentiert und dem Gericht bekannt. Wo das Besteck herkommt, konnte jedoch noch nicht geklärt werden. Der angeklagte Betriebswirt, der seit November 2005 in der Schweiz lebt, behauptet, dass die Teile ausschließlich aus der Fischhalle in Geislingen stammen.

Bis zu seinem Umzug in die Schweiz lebte der Angeklagte selbst in Geislingen, da er dort studierte. „ Ich wohnte in der Nähe der Fischhalle und manchmal mehrmals täglich hin“, erklärte er dem Gericht. So sei es ihm möglich gewesen, nach besagten Schnäppchen Ausschau zu halten. Dort kaufte er vornehmlich Einzelteile der „teuersten Modelle“. Nach seinem Umzug nach Basel hätten Freunde die entsprechenden Einkäufe für ihn getätigt. An den Wochenenden sei er selbst aus der Schweiz, wo er zwischenzeitlich ein zweites Studium begonnen hatte, nach Geislingen gefahren. „Bei WMF hingen keine Hinweise, dass man die Teile nicht weiterverkaufen dürfte“, sagte er. Daher habe er sich nichts weiter dabei gedacht. Heute würde er dies so nicht mehr machen.

Das Gericht zweifelt an der Version des Betriebswirts

Dass es jedoch möglich war, die zusammengestückelten Sets weit unter dem üblichen Ladenpreis zu verkaufen und dennoch einen Gewinn zu erzielen, bezweifelten sowohl die Richterin als auch der Staatsanwalt. „Ich kaufe selbst in der Fischhalle ein. So günstig bekommt man die Einzelteile da nicht“, sagte die Richterin.

Der Verteidiger des 30-Jährigen bezeichnete „den Weg, den die Anklage nimmt“ als „sonderbar“. Es sei nicht so unwahrscheinlich, dass die WMF einzelne Teile, sei es aus organisatorischen Fehlern, sehr günstig anbiete. „Die Firma hat bestätigt, dass keine Ware abhanden gekommen ist“, ergänzte der Anwalt.

Licht ins Dunkel soll nun die Aussage einer Mitarbeiterin der WMF-Rechtsabteilung bringen, die nicht zum Verhandlungstermin erschienen war. „Wir kommen hier heute so nicht weiter“, endete die Richterin.