Mit Vor-Ort-Terminen und im Internet probiert die Stadt Waldenbuch (Landkreis Böblingen) ein neues Konzept aus, um Frust von Anwohnern zu verhindern. Eine Baustelle mit Vollsperrung soll sich den Bürgern quasi selbst erklären.

Waldenbuch - Wenn vor der eigenen Haustür die Straße aufgerissen wird, ist der Ärger oft groß. Die Zufahrt ist nur noch unter erschwerten Bedingungen möglich. Lärm und Dreck werden zum täglichen Begleiter. Und häufig gibt es keinen Ansprechpartner, der schnell und unkompliziert auf die Sorgen und Nöte der betroffenen Anwohner reagiert. Die Schönbuchstadt Waldenbuch will es nun besser machen. Bei der geplanten Sanierung der Weilerbergstraße kommt ein neues Konzept zum Einsatz: die anwohnerfreundliche Baustelle.

 

Von Frühjahr 2020 bis Herbst 2020 soll das Steilstück zwischen dem Kreisverkehr am Fachmarktzentrum und dem Ortsausgang Richtung Weil im Schönbuch saniert werden. Nichts bleibt wie es war. Der Kanal, Wasser-, Gas- und Brunnenleitungen sowie die Straßendecke werden erneuert. An einer Vollsperrung führt deshalb kein Weg vorbei. Die Erfahrung zeigt: Baumaßnahmen dieser Größenordnung erhöhen nicht nur den Stresspegel bei den betroffenen Bürgern. Auch im Waldenbucher Stadtbauamt nimmt die Belastung zu.

Bürger fragen oft bei der Stadt nach

„Natürlich wenden sich die Anlieger mit ihren Fragen gern an die Stadt. Wir fragen dann wieder bei der Baufirma nach, und so gibt es ein reges Hin und Her, das für alle Beteiligten unbefriedigend ist“, weiß der städtische Bauamtsleiter Joachim Russ. Jetzt gibt es ein Rezept dagegen. „Um den gewohnten Baustellenproblemen entgegenzuwirken, hat das mit der Bauüberwachung beauftragte Ingenieurbüro Mayer ein Konzept entwickelt, das die betroffenen Bürger von Anfang an einbindet“, erklärt Russ.

Der Ingenieur Jacek Kowalski hat das Entspannungsprogramm für Anwohner mit entwickelt und erklärt, wie es funktioniert. „Wir setzen auf Aufklärung und Information und machen uns schon vor dem Baubeginn Gedanken darüber, welche Fragen die Anwohner beschäftigen“, sagt er. Beim ersten Informationsgespräch könne man deshalb bereits sagen, ob genug Platz für die Rettungswege bleibe, wie die Müllabfuhr funktioniert oder welche Umleitungen vorgesehen sind.

Jeder Anwohner kann online nachsehen

Während der Bauarbeiten wird die Homepage des Ingenieurbüros zum wichtigsten Kommunikationskanal. „Jeder Anwohner, Eigentümer oder Gewerbetreibende erhält einen passwortgeschützten Zugang zum Login-Bereich“, erklärt Jacek Kowalski. Dort werden nicht nur aktuelle Meldungen, Hinweise und Berichte über den Fortschritt der Baustelle eingestellt. „Wir können so auf persönliche Fragen direkt antworten“, stellt der Planer in Aussicht. Auch an Bürger ohne Internetzugang ist gedacht: „Es gibt parallel dazu regelmäßig Vor-Ort-Termine auf der Baustelle“, ergänzt Joachim Russ.

Seit zwei Jahren bietet das Ingenieurbüro bei größeren Baumaßnahmen diesen Service an. „Die Erfahrungen sind durchweg positiv“, berichtet Jacek Kowalski. Wenn Probleme auftreten, könnten diese in der Regel schnell gelöst werden. Er stelle fest, dass die Anwohner die Unannehmlichkeiten durch die Baustelle leichter tolerieren, wenn sie sich nicht im Stich gelassen fühlen und den Eindruck haben, dass man ihre Sorgen ernst nehme. Für den Ingenieur ist die anwohnerfreundliche Baustelle deshalb ein Modell mit Zukunft: „Wir haben dadurch etwas mehr Aufwand, aber der zahlt sich aus. Vieles läuft so einfach friedlicher ab.“