Mindestens sechs Mal hat ein 67-Jähriger mit einem Hammer auf seine Ehefrau eingeschlagen. Das Landgericht Stuttgart hat ihn deswegen jetzt zu einer Haftstrafe verurteilt.

Rems-Murr: Phillip Weingand (wei)

Aspach/Stuttgart - Dass der 67 Jahre alte Rentner im Oktober 2018 in Großaspach mit einem Hammer auf den Kopf seiner Ehefrau eingeschlagen und ihr lebensgefährliche Verletzungen zugefügt hatte, „daran besteht kein Zweifel“, so der Rechtsanwalt Jens Rabe am Freitag vor dem Stuttgarter Landgericht. Dennoch habe er sich selten so schwer getan, ein Strafmaß für einen Mandanten zu fordern, wie in diesem Fall. In der Tat sehe er keinen versuchten Mord, von dem die Anklageschrift ausgegangen war: „Es war eine Spontantat, ein eruptives Geschehen“, erklärte der Anwalt.

 

Nach einem Streit kommt es zum Angriff mit dem Hammer

Der Mann auf der Anklagebank sei ein „schaffiger, warmherziger Mann, der sich um seine Familie kümmert – mit einem Problem: Alkohol.“ Dieser, die Wut nach einem Streit mit seiner Frau sowie eine wahnhafte Störung hätten zur Tat geführt. „Was bleibt, ist ein versuchter Totschlag“, so der Verteidiger. Und von dem sei der 67-Jährige zurückgetreten: „Er hätte jede Möglichkeit gehabt, weiterzumachen, wieder zuzuschlagen.“

Der Ansicht, dass der 67-Jährige von seiner Tat zurückgetreten sei, folgte das Gericht in seinem Urteil allerdings nicht. Wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung verurteilte die 9. Schwurgerichtskammer den Mann zu vier Jahren Haft. Mindestens sechs Mal habe er mit dem Hammer auf seine Gattin eingeschlagen, auch dann, als sie schon zu Boden gegangen war. Wahrscheinlich seien es noch deutlich mehr Schläge gewesen, sagte der Vorsitzende Richter Uwe Tetzlaff. „Das war ein massiver Gewaltausbruch. Dass Ihre Frau keine bleibenden körperlichen Schäden davongetragen hat, war nur dem Zufall zu verdanken.“

Schwer verletztes Opfer schleppt sich zum Nachbarn

In jener Nacht im Oktober war der ehemalige Busfahrer wieder einmal betrunken nach Hause gekommen. Als seine Frau ihn deswegen einen „blöden besoffenen Hund“ nannte, rastete er aus, nahm einen Hammer und schlug auf seine Gattin ein. Nachdem er von ihr abgelassen hatte, schleppte sie sich trotz schwerster Kopfverletzungen zu einem Nachbarn.

Die Polizei hatte den 67-Jährigen wegen des Verdachts auf versuchten Mord festgenommen, nachdem er sich nach der Tat selbst gestellt hatte. Dies würdigte das Landgericht zwar in seinem Urteil, jedoch: „Ihre Frau hatte sie gebeten, Hilfe zu holen. Doch statt zum Telefon zu greifen, verließen Sie die Wohnung“, rügte der Richter. Dass der Mann rund eine halbe Stunde nach der Tat bei der Polizei aufgeschlagen war, sei kein richtiger Rettungsversuch gewesen. Stattdessen hätte der Nachbar einen Notruf abgesetzt.

Der Richter appelliert an die Familie

Der sechsfache Vater muss nun nicht nur vier Jahre ins Gefängnis, sondern sich auch einer Entziehungskur unterziehen. Denn immerhin, so Tetzlaff, hätte er in der Tatnacht knapp 1,5 Promille Alkohol im Blut gehabt. „Sie müssen diese Entziehungskur jetzt für sich selbst durchziehen, nicht für das Gericht“, so Tetzlaff.

Zum Schluss wandte sich der Richter an die Familie des Täters und des Opfers. „Er war immer für Sie da – jetzt braucht er Sie“, appellierte er. Sogar das Opfer hatte im Prozess angedeutet, kein Interesse an einer Bestrafung des 67-Jährigen zu haben. Seine Entschuldigung hatte die ein Jahr jüngere Ehefrau angenommen. Als der Verurteilte nach dem Richterspruch abgeführt wurde, winkten ihm seine Angehörigen zu.

Dass er nach seiner Entlassung zu seiner Frau zurückkehren wird, ist dennoch unwahrscheinlich. Um zu verhindern, dass es wieder zu einer derartigen Tat kommt, hat der 67-Jährige angekündigt, er wolle zu einem Neffen ziehen.