Einem 23-Jährigen drohen fünf Jahre Haft, weil er einen anderen angefahren hat. Dieser konnte gerade noch zur Seite springen. Das Urteil wird am Mittwoch erwartet.

Backnang - Der 23-jährige Angeklagte zuckt zusammen, als der Staatsanwalt im Plädoyer das Strafmaß ausspricht, das er von der 1. Strafkammer des Stuttgarter Landgerichts im Urteil erwartet: fünf Jahre Haft für versuchten Totschlag. Der Angeklagte ist nach Meinung des Anklägers schuldig, am 20. Januar in Backnang versucht zu haben, einen 20-Jährigen mit dem Auto anzufahren und damit schwer zu verletzen – oder sogar zu töten. „Es war ein Riesenglück, dass nicht mehr passierte.“

 

„Den großen Macker geriert“

Das Motiv sei der Punkt, um den sich im Ausgang des Prozesses alles drehe, sagte der Verteidiger. Er begrüße, dass die Staatsanwaltschaft mittlerweile nicht mehr von einem direkten Vorsatz ausgehe, sondern nur noch von einem bedingten, so der Rechtsanwalt. Er gehe jedoch nicht einmal von versuchtem Totschlag aus, sondern von einer gefährlichen Körperverletzung. Zwischen einer Tötungsabsicht und der, jemanden zu verletzen, liege ein großer Unterschied. „Das ist nicht meine Erfindung, ich zitiere hier aus Entscheidungen des BGH“, sagte Raich, der schließlich eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren für seinen Mandanten forderte.

Eine „gewisse Absurdität“ liege in dem Fall, sagte der Staatsanwalt. Denn die Tat, bei der das Opfer zum Glück nur leicht verletzt wurde, hatte einen mehr als banalen Auslöser. Ein Streit zwischen den Bewohnern einer Einrichtung für junge Obdachlose um ein paar Zigaretten oder Joints war immer weiter eskaliert. Der 20-Jährige, der schließlich angefahren wurde, habe „den großen Macker geriert“, der sich nichts gefallen lassen wollte und den anderen aufgefordert, ein „klärendes Wort“ zu sprechen. Gemeint war damit eine gewalttätige Auseinandersetzung, welcher der Angeklagte wohlweislich aus dem Weg ging.

Angst oder Zorn – das Motiv ist ausschlaggebend

Am 20. Januar kam es dann vor der Unterkunft zur Eskalation. Der Angeklagte behauptet, aus Angst auf den anderen losgefahren zu sein, der zusammen mit anderen auf ihn losgestürmt sei. Der Staatsanwalt argumentiert, er habe aus Zorn gehandelt. Das Gericht verkündet am Mittwoch um 14 Uhr sein Urteil.