Von einer 9,5 Zentimeter langen Messerklinge ist ein 31-jähriger Mann in Rudersberg getroffen worden. Den Stich hielt er für einen Schlag gegen die Rippen, sagt er vor Gericht aus. Dort muss sich nun ein 22-Jähriger wegen versuchten Totschlags verantworten.

Manteldesk: Thomas Schwarz (hsw)

Der Angeklagte sagt vor Gericht zur Tat nichts, das Opfer hat nur noch bruchstückhafte Erinnerungen: Wie so oft, wenn es um gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen mehreren Personen geht, ist es mehr als mühsam, von den Beteiligten im Nachhinein eine exakte Schilderung der Vorfälle zu erhalten. So auch im Fall eines 24-jährigen Industriemechanikers aus Rudersberg, der wegen versuchten Totschlags vor der neunten Schwurgerichtskammer angeklagt ist. Er soll am 22. Februar um 4 Uhr morgens vor einer Kneipe am Rudersberger Marktplatz einem 31-jährigen Kontrahenten während eines Streits ein Messer zwischen die Rippen gestoßen haben. Am ersten Verhandlungstag konnte noch keine Klarheit in den tatsächlichen Hergang gebracht werden.

 

Der Angeklagte schweigt auf Anraten seiner Verteidiger

Händel aus nichtigem Anlass

Das liegt unter anderem daran, dass der Angeklagte auf Anraten seiner beiden Verteidiger erst einmal nichts zu den Vorwürfen sagt. Und es liegt an den Erinnerungen des Opfers, die ziemlich löchrig sind. Er berichtet, dass er zusammen mit einem Kumpel und seiner besten Freundin gegen 23 Uhr in das Lokal gegangen sei, um nach der Arbeit noch etwas zu trinken. Ein Bier und zwei Schnäpse seien das gewesen, antwortet er auf die Frage des Vorsitzenden Richters Wolfgang Hahn. Im Verlauf seiner Aussage kommt dann noch ein Cocktail dazu, am Schluss sind es ein Bier, zwei Cocktails und zwei Schnäpse. Betrunken sei er aber auf keinen Fall gewesen, denn er habe am nächsten Morgen arbeiten müssen, sagt der Angeklagte. Doch beim Verlassen des Lokals gegen 4 Uhr wurde er von einem Mann als „Abschaum“ oder „Hurensohn“ bezeichnet. „Genau weiß ich das nicht mehr.“ Er habe den zur Rede gestellt, der ihn beleidigt hatte.

Die Reaktion sei ein Schlag gewesen, den ihm allerdings ein anderer aus der Gruppe versetzte. „Die anderen sind sofort dazwischengegangen und mein Kumpel hat mich festgehalten“, berichtet der nicht schmächtig wirkende Zeuge. Zu dritt seien sie dann zum Freund der besten Freundin, der in der Nähe wohnt. Von dort aus habe er gesehen, dass die Gruppe von Männern immer noch auf dem Marktplatz wartete. „Ich wollte klären, wer mich geschlagen hat“, sagt der 31-Jährige auf die Frage, warum er trotzdem zusammen mit mittlerweile drei Kumpels zurückgegangen sei.

Den messerstich zuerst für einen Schlag in die Rippen gehalten

Der Angeklagte streitet die Tat ab

Auf dem Marktplatz kam es im Bereich der Kneipe wieder zu Handgreiflichkeiten. Diesmal schlug der Zeuge als erster zu, jenem, der ihn beleidigt hatte, an den Kopf. Dann sei der Angeklagte auf ihn zu gerannt. Er habe ihn abwehren wollen, berichtet der 31-Jährige, doch seien sie aufeinandergeprallt. „Ich hab nicht gemerkt, dass ich ein Messer abbekommen hatte. Es hat sich wie ein Schlag gegen die Rippen angefühlt“, berichtet der Zeuge. Erst später, als er schlecht Luft bekam, habe den Stich bemerkt. Dieser rührt von einem Messer mit einer Klingenlänge von 9,5 Zentimeter her.

Der 24-jährige Angeklagte hat vor dem Haftrichter eine andere Version des Ablaufs geschildert. Er sei dazwischen gegangen, als sich vor der Kneipe nach einer Beleidigung eine Schlägerei anbahnte. Die anderen hätten mit Stacheln versehene Baseballschläger dabei gehabt. Er habe zwar ein Messer zur Abschreckung in der Hand gehalten, aber nicht damit zugestochen.

Für den Prozess sind die Aussagen von 20 Zeugen vorgesehen. Die Verhandlung wird morgen fortgesetzt.