Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Dass der „Islamische Staat“ schon Chemiewaffen in Syrien und im Irak eingesetzt hat, beeinflusst auch die ABC-Abwehrtruppe, wie ihr Kommandeur Henry Neumann am Rande schildert. „Der Anpassungsprozess läuft bei mir im Stab.“ Der Oberst hat die zentrale Zuständigkeit auf diesem Feld für die Bundeswehr. In Deutschland gibt es eine solche akute Gefahr bisher nicht. Dennoch sensibilisiert von der Leyen die Bevölkerung in einem Maße, wie es vielleicht gar nicht notwendig wäre. Sie nutzt die heiß gelaufene Terrordebatte, um ihre politischen Pflöcke einzuschlagen: Schon Ende August, präzisiert sie, werde sie mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière und dem Vorsitzenden der Innenministerkonferenz, dem Saarländer Klaus Bouillon (beide CDU), Übungsszenarien besprechen. Dann soll zunächst eine sogenannte Stabsrahmenübung initiiert werden, um die Alarm- und Befehlsketten zwischen der Bundespolizei, den Länderpolizeien und der Bundeswehr eng abzustimmen. „Gegen Spätherbst oder Anfang des Winters beginnen wir mit den ersten Übungen.“

 

Nach Ansicht des verteidigungspolitischen Sprechers der SPD, Rainer Arnold, „spricht nichts gegen Üben, insbesondere Stabsübungen“. Auch könne man auf Basis des Grundgesetzartikels 35 erörtern, was die Bundeswehr als „ultima ratio“ bei besonders großen Katastrophen tun könne. Der Konflikt drehe sich aber gerade um die Frage, wann dieser Fall eintritt. „Wir wollen nicht, dass die Schwelle gesenkt wird“, mahnt Arnold gegenüber dieser Zeitung. „Es macht mich misstrauisch, wenn das Thema täglich befeuert wird.“ Weil die Union die Verfassungsänderung nicht bekomme, versuche sie die Schwelle offenbar im Alltag zu senken. „Es darf kein Normalfall sein, dass die Bundeswehr gleich gerufen wird“, sagt der Nürtinger Abgeordnete.

SPD und CSU in die Schranken gewiesen

In Bruchsal versucht sich von der Leyen auf dem Mittelweg: Einerseits lehnt sie anhaltende Forderungen der CSU nach einer Grundgesetzänderung ab. „Diese ist nicht mein Ziel“, sagt sie. „Damit das klar gestellt ist.“ Aber auch über die Bedenken der SPD geht sie hinweg: Sie hebt hervor, „dass die Innenminister Interesse an den Übungen zeigen“, nennt aber nur Baden-Württemberg, Bayern, Saarland und Sachsen-Anhalt – allesamt Unionsminister. „Es ist klug, die theoretischen Debatten nicht zu sehr zu polarisieren“, sagt sie „sondern angesichts der ernsten Lage pragmatisch zu üben, was notwendig ist“. Die Menschen wollen, „dass wir reaktionsfähig sind in der ganzen Breite der denkbaren Gefahren“.

Nebenher kann die Ministerin zusätzliche Geldausgaben rechtfertigen: „Dass der Standort Bruchsal eine Zukunft hat, zeigt sich an den Investitionen von 73 Millionen Euro in den nächsten vier, fünf Jahren“, betont von der Leyen. Stabsgebäude, Verwaltung und Unterkünfte würden modernisiert. Der Standort solle für die 1300 militärischen sowie zivilen Beschäftigten attraktiv gehalten werden. „Hier lohnt es sich“, sagt sie noch, bevor sie im Hubschrauber CH53 zu ihren nächsten Terminen in Mannheim und Wiesbaden weitereilt.