Verteidigungsministerin in der Kritik Was will Lambrecht mit ihrem Amt?

Christine Lambrecht steht vor vielen Herausforderungen. Foto: dpa/Philipp Schulze

Verteidigungsministerin Christine Lambrecht ist eine peinliche Kommunikationspanne unterlaufen. Sie wird zunehmend zu einer Ministerin, der die Autorität fehlt – obwohl gerade die jetzt gebraucht würde, kommentiert Tobias Peter.

Korrespondenten: Tobias Peter (pet)

Es gibt in diesem Fall wohl keine halbwegs überzeugende Antwort auf die Frage: Wie konnte sie nur?

 

Die mittlerweile viel diskutierte Szene ist an Absurdität kaum zu überbieten. Da stellt sich Verteidigungsministerin Christine Lambrecht am Silvesterabend inmitten einer Kulisse explodierender Böller auf die Straße und spricht in einem Video über den Krieg in der Ukraine. Und dass damit für sie „ganz viele besondere Eindrücke“ und „viele, viele Begegnungen mit tollen und interessanten Menschen“ verbunden gewesen seien.

Jeder kann mal einen kommunikativen Fehler machen. Selbst Politikern, zu deren Jobbeschreibung es gehört, Kommunikationsprofis zu sein, sollte man das nicht vollkommen absprechen. Doch im Fall der Ministerin Christine Lambrecht wiegt das – zweifellos grobe – Missgeschick schwer. Aus mehreren Gründen.

Nicht der erste Fauxpas

Es handelt sich nicht um Lambrechts ersten Fauxpas dieser Art. Schon, dass sie im vergangenen Jahr ihren erwachsenen Sohn auf einem dienstlichen Flug im Helikopter mitnahm, hat für Aufsehen gesorgt. Der Sohn hatte von dem Flug ein Foto auf Instagram gepostet. Es ist ein Vorgang, der – wie auch jetzt das Video – Zweifel daran aufkommen lässt, ob die Ministerin wirklich einschätzen kann, wie Dinge in der Öffentlichkeit und auch in der Truppe wahrgenommen werden. Das muss eine Spitzenpolitikerin aber können.

Im Fall Lambrecht verstärkt sich nun das Bild einer Ministerin, die mit ihrem Amt auch nach mehr als einem Jahr immer noch fremdelt. Das ist besonders problematisch bei einem Ressort, das zu Recht als eines der schwierigsten gilt. Und das durch den russischen Angriff auf die Ukraine sehr viel mehr im Zentrum steht, als der Kanzler, Lambrecht und die Koalition es annehmen konnten. Sicher, Lambrecht wird auch für einiges verantwortlich gemacht, wofür sie nichts kann. Es ist wirklich nicht so, als hätte sie den Schützenpanzer Puma bei einer Übung persönlich zum Stillstand gebracht. Auch dass es massive Rückstände bei der Versorgung mit Munition gibt, ist ein Problem, dass sie geerbt hat. Die Ministerin kann auch nicht, wie durch Handauflegen, die über Jahre aufgestauten Probleme im Beschaffungswesen der Bundeswehr auflösen.

Eine Frage der Leidenschaft

Das Problem ist nur: Diese Aufgabe ist so schwierig, dass sie eine Ministerin erfordert, die mit voller Autorität nach innen und außen auftreten kann. Und der man abkauft, dass sie ein schlüssiges Konzept, den Willen zur Umsetzung und auch die notwendige Leidenschaft für das hat, was sie tut. Lambrecht hat aber selbst einiges dazu beigetragen, dass viele in ihrem Namen eine Chiffre dafür sehen, dass es weiterhin nicht rundläuft.

Dass kommunikative Fehler gravierende Folgen haben können, hat Unions-Spitzenkandidat Armin Laschet im Wahljahr 2021 lernen müssen. Sein Lachen in einem unpassenden Moment im Flutgebiet hat ihn auf die Verliererstraße gebracht. Lambrecht hat – wenn man jeden Schnitzer einzeln betrachtet – keinen Fehler begangen, der einen Rücktritt erfordern würde. Aber sie hat sich in eine Situation manövriert, in der viele fragen: Was will sie eigentlich mit diesem Amt?

Lambrecht und der Kanzler müssen klären, ob sie auf diese Frage eine gemeinsame, überzeugende Antwort haben. Scholz hat – verständlich angesichts der Weltlage – in der Verteidigungspolitik viel Entscheidungsgewalt an sich gezogen. Er braucht zweifellos keine Ministerin, die sich gegen ihn profiliert. Aber eine, der man den Erfolg zutraut. Er muss sich an Lambrechts Leistungen messen lassen.

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