Die Babyklappe ist ein Konzept mit rechtlicher Grauzone, die vertrauliche Geburt eine gesetzliche Regelung. Ob sie die Babyklappe aber wirklich ersetzen kann, ist fraglich, kommentiert die StZ-Autorin Nicole Höfle.

Stuttgart - Die Geschichte hat es in sich. Die junge Frau hat noch einen Tag vor der Geburt verdrängt, dass sie schwanger ist. Anstatt zum Frauenarzt zu gehen, sucht sie eine Apotheke auf, um sich ein Mittel gegen Blähungen zu holen. Ihr Kind bringt sie alleine in einer Bahnhofs-toilette zur Welt, wickelt es notdürftig ein und legt das Kind in die Stuttgarter Babyklappe im Weraheim. Dann taucht sie drei Tage auf der Straße ab, bis sie im Weraheim anruft und nachfragt, wie es dem Kind geht. Die Geschichte geht gut aus: Die Frau tritt aus der Anonymität heraus und holt sich Hilfe. Heute lebt sie mit dem Kind, hat einen Beruf, eine Wohnung. Für die meisten Menschen ist schon kaum vorstellbar, dass man eine Schwangerschaft bis zum neunten Monat verdrängen kann. Die Geschichte zeigt, in welch extremen Gefühlslagen sich Frauen befinden, die ihr Kind in eine Babyklappe legen.

 

Die vertrauliche Geburt ist im vergangenen Jahr eingeführt worden als legale Alternative zu den Babyklappen, die sich seit Jahren in einer rechtlichen Grauzone befinden. Es war der Ethikrat, der die anonyme Kindsabgabe als ethisch und rechtlich sehr problematisch eingestuft hat, weil die Kinder keine Chance haben, etwas über ihre Herkunft zu erfahren und weil davon auszugehen ist, dass sich die Mütter nach der Abgabe der Kinder auch weiterhin in einer Notlage befinden – womöglich in einer noch viel schlimmeren als vorher. Die Politik reagierte auf die Mahnung mit der Einführung der vertraulichen Geburt. Diese stellt sicher, dass die Kinder nach 16 Jahren ihre Herkunft erfahren können, die Frauen aber bleiben dennoch weitgehend anonym. Für die Frauen ist es gut, eine solche legale Möglichkeit zu haben. Aber auch die Krankenhäuser und Schwangerenberatungsstellen profitieren.

Ob die vertrauliche Geburt langfristig die Babyklappen überflüssig machen wird, wie es der Ethikrat gerne gesehen hätte, ist fraglich. Im Moment läuft eine wissenschaftliche Auswertung, deren Ergebnisse 2017 vorliegen sollen. Erst wenn diese ausgewertet sind, wird es möglich sein, sich ein sachliches Urteil zu bilden. Das aber ist wichtig bei einem so heiklen Thema wie der Babyklappe, bei dem sich Befürworter und Gegner seit Jahren unversöhnlich gegenüberstehen. Sollten die Babyklappen bleiben, wäre es aber wichtig, auch für diese einen gesetzlichen Rahmen und gesetzliche Mindeststandards zu schaffen.