Es ist schwer genug, den gewaltsamen und plötzlichen Tod eines nahen Menschen zu verkraften. Nun müssen die Angehörigen auch noch erfahren, dass der Anschlag hätte verhindert werden können – wenn die Polizei ihre Arbeit gemacht hätte.

Berlin - Wie soll irgendjemand überhaupt verkraften, dass sein Mann, seine Frau, sein Kind auf dem Weihnachtsmarkt von einem Terroristen mit einem Laster umgemäht wird? Es gibt keine Antwort auf diese Frage – und jeder, der die Ohnmacht der Trauer kennt, weiß, dass man tausend Fragen stellt: Was, wenn wir da nicht hingegangen wären? Was, wenn ich nicht noch den Glühwein getrunken hätte? Seit Mittwoch ist es die Berliner Polizei, die sich fragen lassen muss: Was, wenn sie getan hätte, was sie zwingend hätte tun müssen? Die Antwort ist grausam. Die zwölf Toten vom Breitscheidplatz könnten wohl noch leben, wenn Ermittler im LKA das Gesetz befolgt hätten. Sie hätten einen Haftbefehl beantragen müssen, als klar wurde, dass gegen Amri der Verdacht besteht, in großem Stil zu dealen. Warum sie es nicht getan haben, ist noch ungewiss. Dass anschließend Akten frisiert werden, um den Fehler zu vertuschen, wiegt fast noch schwerer – so wird allen Angehörigen und der Öffentlichkeit auch noch versucht, die Aufklärung zu verwehren.

 

Die Dimension des Vertrauensverlusts in die Polizei, die ihre Bürger schützen soll, ist derzeit noch gar nicht voll zu ermessen. Nur ein Gutes hat dieser Skandal: dass es diesmal, anders als zu anderen Zeiten in Berlin, scheint, als wollten die Verantwortlichen wirklich Licht ins Dunkel bringen.