Die Gemeinde will Ruhestandsansprüche ihres Ex-Kämmerers nicht tragen: Dafür sei der Bund zuständig. Heute fällt ein Gerichtsurteil. Doch damit ist die Sache wohl nicht erledigt.

Sersheim - Wenn die Stadt Neuenbürg 50 Kilometer weiter nordwestlich läge und, sagen wir: Neuburg am Rhein hieße, dann würde die Gemeinde Sersheim womöglich 100 000 Euro sparen. Neuburg liegt in Rheinland-Pfalz, was nach Ansicht des Sersheimer Bürgermeisters Jürgen Scholz eine gerechtere finanzielle Lastenverteilung bei den kommunalen Ausgaben für Beamtenpensionen zur Folge hätte. Weil Neuenbürg aber im Enzkreis, also in Baden-Württemberg, liegt, soll die Gemeinde Sersheim für die zwölf Jahre, die ihr Ex-Kämmerer bei der Bundeswehr tätig war, Pensionsansprüche mitbezahlen. Ein Unding für Jürgen Scholz: „Da saniert sich der Bund auf Kosten der Kommunen.“

 

14 Bundeswehrjahre belasten die Gemeindekasse

Deshalb war Scholz mit anwaltlichem Beistand am Mittwoch im Verwaltungsgericht Stuttgart. Die Gemeinde hatte geklagt, weil die Rechnung für die Pensionsansprüche durch die Bundeswehrzeit deutlich höher ausfallen als laut Scholz nötig: Rund 53 000 Euro soll Sersheim jährlich über fünf Jahre hinweg bezahlen. Der Sersheimer Ex-Kämmerer, der 2010 als Hauptamtsleiter nach Neuenbürg wechselte, hat 14 Jahre in der Gemeinde gearbeitet. Sersheim soll aber auch noch für die Bundeswehrzeit aufkommen, also für über 26 Jahre angesammelte Ansprüche an den Kommunalen Versorgungsverband (KVBW).

Einen Punkt stellte das Gericht klar: Egal, wie sein Urteil, das für Donnerstag erwartet wird, ausfällt, der Bund sei in jedem Fall finanziell außen vor. Diskutiert wird rein juristisch nur über die Frage, ob Sersheim oder Neuenbürg oder beide zusammen für die Bundeswehrjahre aufkommen müssen.

Scholz wünscht sich kommunalfreundliche Lösung

Zurück zum Eingangsbeispiel: wäre bei dem Wechsel des Dienstherren eine Ländergrenze überschritten worden, dann gäbe es eine andere Rechtsgrundlage. In diesem Fall müsste der Bund anteilig für die zwölf Bundeswehrjahre aufkommen, ebenso wie Sersheim. „Diese Lösung ist viel logischer und kommunalfreundlicher“, findet Scholz. Allerdings steht sie gar nicht zur Debatte.

Der Kern des Streits ist die Frage, wie das betreffende Landesgesetz zu interpretieren ist. „Die Rechtslage ist eindeutig“, Vergleiche mit der länderübergreifenden Regelung seien „völlig sinnlos“, so ein Vertreter der KVBW. Wenn Sersheim das herkömmliche Zahlungsverfahren für Pensionen gewählt hätte, dann hätten die Gemeinde und Neuenbürg die Bundeswehrzeit gemeinsam bezahlt. Allerdings habe Sersheim eine andere Variante bevorzugt und eine auf fünf Jahre verteilte Pauschale bezahlt – je nach Lebenserwartung des Pensionärs könne das günstiger oder ungünstiger sein als eine zeitlebens fällige Zahlung.

Durch diese Pauschale habe die Gemeinde „freiwillig ihre Rechtsposition aufgegeben“. Hier setzte der Vorsitzende Richter allerdings ein Fragezeichen: „Der betreffende Beamte hat seine Dienstzeit ja eben nicht ausschließlich in Sersheim abgeleistet.“ Es sei keineswegs eindeutig, wer schlussendlich für die Bundeswehrjahre aufzukommen habe.

Richter wollen Berufung zulassen

Diese Steilvorlage nutzte auch der Sersheimer Anwalt. Es sei „unstrittig, dass es in dieser Sache drei Beteiligte gibt“, genau deshalb müsse das unscharfe Gesetz ja ausgelegt werden. Die Frage, ob Sersheim allein bezahlen müsse oder nicht, „hat aber mit der Pauschalierung überhaupt nichts zu tun“, befand der Anwalt.

Der Vorsitzende Richter stellte klar, dass eine Berufung beim Verwaltungsgerichtshof ermöglicht werde. Die Sache sei von grundlegender Bedeutung. Denn es kommt häufig vor, dass Zeitsoldaten nach der Bundeswehr eine Karriere in einer kommunalen Verwaltung einschlagen. Sollte Sersheim recht bekommen, wäre das für Bund und Land teuer. Man darf also davon ausgehen, dass beide Beteiligte im Falle einer Niederlage diese Berufung zumindest wohlwollend prüfen.